Interview: “Schwarz-Grün muss die Ausnahme bleiben”

Gepostet am Dienstag, den 4. März 2008 um 15:48 in Grünes Profil,Verschiedenes

In der Ausgabe 06-2008 des Journal Frankfurt äußert sich der Frankfurter Professor und Bundestagsabgeordnete der Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, über die Erneuerung seiner Partei und Koalitionen mit der CDU.

JOURNAL FRANKFURT: In Hessen zeichnet sich eine rot-grüne Minderheitsregierung ab. Ist das der richtige Weg?
Wolfgang Strengmann-Kuhn: Im Grundsatz ja, aber ich muss sagen: eine Koalition mit der Linken wäre mir lieber. Sie einzubinden, heißt auch klare Vereinbarungen mit ihr treffen zu können. Das ist aber wohl mit der SPD noch nicht zu machen.

Zusammen mit anderen Abgeordneten und einigen Landesvorsitzenden möchten Sie in den nächsten Tagen ein Strategiepapier veröffentlichen, das zur Erneuerung Ihrer Partei aufruft. Was ist darunter zu verstehen?
Wir brauchen wieder mehr öffentliche Debatten, um unser inhaltliches Profil schärfen und das eigentlich in allen Politikfeldern. Dazu zählen etwa der Afghanistan-Einsatz, aber auch der Atomausstieg, der schneller vollzogen werden muss als im Konsens vereinbart. Z. B. würde eine Anhebung oder Abschaffung der Haftungsbegrenzung für Atommeiler den Atomausstieg beschleunigen. Auch in der Rentenpolitik müssen die Veränderungen von Rot-Grün überdacht werden:So fordern wir in dem Papier eine Diskussion über eine gesetzliche Mindestrente als ein Grünes Leitprojekt für die Bundestagswahl. .

Mit solchen Forderungen werden die Grünen nicht gerade als regierungsfähig gelten?
Wir sollten klar sagen, was unsere Projekte sind und was sie von den Vorschlägen der SPD und der Linken unterscheidet. Derzeit werden wir kaum wahrgenommen, was auch daran liegt, dass bei jeder Entscheidung immer noch die rot-grün-Brille aufgesetzt wird. Wir müssen aber grüne Positionen vertreten und nicht die SPD-Schere im Kopf haben.

Die Vorschläge, die Sie machen, dürften Koalitionen mit der CDU unwahrscheinlicher werden lassen. Sie klingen nach linker Politik.
Die Grünen sind auch eine linke Partei, die sich aber von der Linkspartei und der SPD unterscheidet, was wir deutlicher machen müssen. Die Schnittmenge zwischen CDU und Grünen ist kleiner als das gemeinhin behauptet wird. Das hat mittlerweile auch die Parteiführung erkannt. Schwarz-grüne Koalitionen gehen meines Erachtens nur aus einer stabilen linken Position heraus und müssen die absolute Ausnahme bleiben, z.B. wenn die einzigen Alternativen große Koalitionen oder Neuwahlen sind. In Hessen stellt sich deshalb diese Frage nicht. Die Grünen in Hessen haben sich einmütig für eine Unterstützung von Andrea Ypsilanti ausgesprochen. Da gibt es keinen Spielraum für Spekulationen über Jamaika.

Interview: Nils Bremer

Das Interview als PDF

Weiterführender Link zum Thema im Journal Frankfurt online: Richtungsstreit bei den Grünen