Sozial, einfach, gerecht – Vorschlag zur Reform der Einkommensteuer

Gepostet am Montag, den 20. Oktober 2014 um 11:33 in WSK-Blog

Eine häufige Behauptung ist, dass Deutschland bei der Belastung mit Steuern und Abgaben an der Spitze in Europa liegt. Das ist falsch! Bei der Steuerbelastung ist Deutschland sogar am unteren Ende. Selbst wenn zu den Steuern die Sozialabgaben hinzu gezählt werden, liegt Deutschland nicht vorne, sondern im Mittelfeld. Die Folge der geringen Steuerquote ist, dass auch die öffentlichen Investitionen in Deutschland im internationalen Vergleich gering sind – und die Schuldenquote mit ca. 80% des BIP eine der höchsten in Europa ist.

Richtig ist allerdings, dass Deutschland bei der Steuer- und Abgabenbelastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an der Spitze aller OECD-Länder steht. Wie kommt dieses widersprüchliche Ergebnis zustande? Dafür gibt es mehrere Ursachen: Erstens ist die Belastung mit Steuern von Vermögen und Vermögenseinkommen in Deutschland im internationalen Vergleich sehr gering, zweitens findet die Finanzierung der Sozialsysteme durch Beiträge auf Arbeitseinkommen statt, bei denen drittens ab der Beitragsbemessungsgrenze die Belastung mit zunehmendem Einkommen sinkt. Die höchste Steuer- und Abgabenquote liegt dadurch in Deutschland bei einem Einkommen zwischen 4500 und 5500 € monatlich. Mit zunehmenden Einkommen sinkt sie dann immer weiter ab. Höhere Einkommen tragen also in relativ geringem Maße zur Finanzierung der öffentlichen Leistungen bei, weswegen mittlere und geringe Einkommen mit Steuern und Abgaben relativ hoch belastet sind.

Zwei der aktuell diskutierten Probleme der Einkommensteuer in Deutschland, nämlich die „kalte Progression“ und die Anreizwirkungen des Ehegattensplittings, haben die gleiche Ursache, nämlich den progressiven Einkommensteuertarif, genauer: die Progression des Grenzsteuersatzes. Bei einer Einkommensteuer mit einem einheitlichen Grenzsteuersatz, also einem linearen Steuertarif, gäbe es beide Probleme nicht mehr.

Gründe für das schlechte Abschneiden der Grünen

Gepostet am Dienstag, den 24. September 2013 um 12:19 in WSK-Blog

Wir haben ein totes Pferd geritten

Ein Kardinalfehler war, dass wir alles auf eine Karte, nämlich eine rot-grüne Regierung gesetzt haben. Damit waren gleich mehrere Fehler verbunden

  • Zuviel rot-grün, sowenig grün. Wir haben die SPD im Wahlkampf in Watte gepackt und viel zu wenig eigenständiges grünes Profil gezeigt. Dazu hätten wir die Unterschiede zur SPD, auch und insbesondere in der Sozialpolitik, aber auch in anderen Fragen wie der Energie- und der Wirtschaftspolitik viel deutlicher machen und die SPD für ihre Konzepte stärker kritisieren müssen
  • Die im Wahlkampf stattgefundene Ausschließeritis entspricht weder der Beschlusslage noch war sie strategisch sinnvoll, weil wir dadurch von Vornherein keine realistische Regierungsoption hatten
  • Wir haben ausschließlich auf eine Regierungsbeteiligung gesetzt und nicht deutlich gemacht, warum starke Grüne als Opposition wichtig sind
  • Die Fokussierung auf die Regierungsbeteiligung hat dazu geführt, dass wir zu viel Klein-Klein präsentiert haben, die Darstellung der großen Probleme (Klimawandel, Spaltung der Gesellschaft, demographischer Wandel …) und langfristige Grüne Antworten und Visionen („Neuer Gesellschaftsvertrag“, sozial-ökologische Transformation) blieben auf der Strecke. Insgesamt waren wir zu technokratisch und haben nicht die Herzen der Menschen erreicht.
  • Die beiden SpitzenkandidatInnen waren Repräsentanten der rot-grünen Regierung. Das hat die Glaubwürdigkeit gerade in sozialpolitischen Fragen nicht gefördert, weil sie mit Agenda 2010, Hartz IV, Steuersenkungen u.a. verbunden wird, auch wenn die Partei und auch die beiden SpitzenkandidatInnen aus den Fehlern gelernt haben.

Inhaltliche Lücken – nicht im Wahlprogramm, sondern in der Kommunikation

Wichtige Grüne Positionierungen sind zu kurz gekommen. Insbesondere unsere Wirtschafts-und sozialpolitische Kompetenz und das Zusammendenken von Ökonomie, Ökologie und sozialer Gerechtigkeit ist nicht deutlich geworden.

Beispiele:

  • Unsere Antworten und Alternativen in der Eurokrise sind zu kurz gekommen. Im Nachhinein war es meines Erachtens auch ein Fehler den Rettungspaketen immer zuzustimmen. Das fette Aber bei unserem „Ja, aber“ kam deswegen überhaupt nicht durch.
  • Die sozial-ökoligische Transformation der Wirtschaft – das was wir im letzten Wahlkampf Green New Deal genannt haben – kam überhaupt nicht vor.
  • Das Grüne Profil in der Sozialpolitik hätte deutlicher gemacht werden müssen: „Selbstbestimmte Teilhabe für Alle“ (emanzipatorisch und inklusiv)
  • Das emanzipatorische und freiheitliche Profil der Grünen hätte insgesamt stärker betont werden müssen

Grüne Besserwisserei und Überheblichkeit

Im Gegensatz zu unseren grundlegenden Werten als emanzipatorische, freiheitliche und basisdemokratische Partei hatten wir eine Haltung der Besserwisserei. Wir erklären die Eurokrise, wir erklären die Energiewende, wir erklären das Steuersystem und erklären auch noch, wann die Leute was essen sollen. Das ist von der Haltung das Gegenteil einer Politik des Gehörtwerdens und des Mitmachens. Es ist richtig, wir wissen und können manches besser als die politische Konkurrenz, aber wir wissen nicht alles besser als die Bevölkerung. Die sozial-ökologische Transformation geht nur gemeinsam und nicht von oben herab.

Grottenschlechte Wahlkampagne

Vor diesem Hintergrund wirkte das „Und Du“ auf den Plakaten bei Vielen eher ausgrenzend und herablassend . Darüber hinaus fanden es viele, insbesondere Nicht-Grünen-Stammwähler, irritierend geduzt zu werden. Aber das war das kleinere Problem daran. Bei einer früheren Wahl waren wir mit dem Slogan „Du entscheidest“ durchaus erfolgreich. „Du entscheidest“ lädt aber zum Mitmachen ein.

Viel wichtiger als der Slogan waren die „Inhalte“ der Plakate. Eigentlich waren wir gut vorbereitet. Der Dreiklang Energiewende/Ökologie, soziale Gerechtigkeit und moderne Gesellschaftspolitik war genau richtig, um uns als die Alternative zu schwarz-gelb zu positionieren. Und der Mitgliederentscheid hat wenige Monate vor der Wahl nochmal die Aufmerksamkeit darauf gelenkt und außerdem gezeigt, welches für unsere Basis die zu diesen drei Themen die wichtigsten Projekte sind. Und dann? Dann kam eine Kampagne einer Werbeagentur, bei der weder der genannte Dreiklang noch die neun gewählten Schlüsselprojekte irgendeine Rolle spielten. Stattdessen Plakate, die kein Mensch verstanden hat und die mit unseren Schlüsselprojekten, wenn überhaupt, nur sehr, sehr indirekt etwas zu tun hatten. Aus 100% Erneuerbare Energie wurde „Ich werde mal Energieriese“ (was auch immer das heißen sollte), aus der Abschaffung des Betreuungsgeldes „Hello Kita“ (Hallo?), aus dem Mindestlohn „faire Löhne“ (schwammiger geht’s nicht) und aus der Schuldenbremse für Banken („Mensch vor Bank“). Plakate zur Bürgerversicherung, zur Wachstumskritik, zum Kampf gegen Rechtsextremismus und gegen Waffenexporte suchte man vergeblich. Wo war zum Beispiel im Rahmen der Debatte um Syrien ein Plakat „Keine Waffen an Diktatoren“ mit dem Bild von Assad? Das wäre eine klare Positionierung gewesen. Aber auch jenseits der Plakate spielten die neun TOP-Schlüsselprojekte überhaupt keine Rolle.

Stattdessen hätten wir zu den neun Schlüsselprojekten oder zumindest zu den drei Oberthemen eigene Kampagnen fahren müssen, um dem zu erwartenden Gegenwind (auch wenn der in der Tat heftig war) etwas entgegensetzen zu können. Sinnvoll wäre es gewesen, die Themen mit Gesichtern zu verbinden und nicht alles auf die beiden SpitzenkandidatInnen zu fokussieren, die zwangsläufig eher GeneralistInnen sein müssen.

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Ohne Richtungswechsel bei der Eurorettung keine Zustimmung zum Fiskalpakt

Gepostet am Samstag, den 16. Juni 2012 um 17:54 in Finanzkrise,WSK-Blog

Wir sind in einer dramatischen Situation. Die Krise, die mit der Finanzkrise 2008 begann verschärft sich. Die bisherigen Rettungsmaßnahmen waren nur Notmaßnahmen, die allerdings jeweils zu spät kamen und zu unzureichend waren. Der Zug der Eurorettung ging bisher an den Kernproblemen vorbei. Bei dem bisherigen Kurs wird sich die Situation weiter zu verschlechtern. Schlimmer noch: wir drohen vor die Wand zu fahren. Wir brauchen einen Richtungswechsel. Ohne einen Richtungswechsel wäre eine Zustimmung zum Fiskalpakt ein großer Fehler und nicht zu verantworten.

Die Krise ist in erster Linie eine Vertrauenskrise. Deshalb ist es wichtig ein starkes Signal für einen Richtungswechsel zu geben, um wieder Vertrauen schaffen. Deswegen sind substanzielle Änderungen an dem bisherigen Kurs notwendig. Bisher sind diese allerdings nicht zu sehen. Die Verhandlungen sind aber noch nicht zu Ende.

Was sind die Kernprobleme und grüne Lösungen?

Ist das Grundeinkommen eine Alternative zur Rente mit 67?

Gepostet am Donnerstag, den 5. Januar 2012 um 14:37 in Alterssicherung,Grundeinkommen,Rente mit 67,WSK-Blog

In der letzten Zeit höre ich immer wieder die These „Das Grundeinkommen ist die Alternative zur Rente mit 67“. Ich teile diese These nicht – im Gegenteil: zusammen wird ein Schuh draus.

Rente mit 67 – Nachbesserungen sind notwendig

Gepostet am Freitag, den 30. Dezember 2011 um 12:27 in Alterssicherung,Rente mit 67,WSK-Blog

Am 1. Januar wird die Regelaltersgrenze um einen Monat erhöht. Dadurch steigt die Rente in den nächsten Jahren stärker als das ohne diese Anhebung der Fall wäre. Für alle, die einen Monat später als ursprünglich geplant in Rente gehen, bedeutet das also eine Rentenerhöhung. Das gilt nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Arbeitslose und sonstige Nichterwerbstätige, die einen Monat später in Rente gehen. Außerdem profitieren alle Rentnerinnen und Rentner, die bereits in Rente  sind. Die Rente mit 67 ist also nicht wie vielfach behauptet eine allgemeine Rentenkürzung, sondern das Gegenteil ist der Fall! Gleichzeitig sind die Beiträge in der Zukunft geringer als ohne Rente mit 67.

Also eine „Win-Win“-Situation für Alle? Leider nicht. Denn für die, die nicht einen Monat später in Rente gehen können, bedeutet die Rente mit 67 tatsächlich eine Rentenkürzung: im nächsten Jahr um 0,3%, im übernächsten Jahr um 0,6% usw. Hier muss  – und vor allem hier kann – nachgebessert werden.

Warum es überlegenswert ist, auf die Senkung des Rentenbeitrags zu verzichten

Gepostet am Donnerstag, den 17. November 2011 um 09:26 in Alterssicherung,WSK-Blog

Nach dem neuen Rentenversicherungsbericht soll im nächsten Jahr der Rentenbeitrag sinken. Die Prognose ist, dass dies auch in den darauf folgenden Jahren der Fall ist. Später sollen die Beiträge wieder ansteigen. Die Senkung basiert auf dem Automatismus, das der Beitrag gesenkt werden muss, wenn die Rücklage der Rentenversicherung ein bestimmtes Maß (das 1,5-fache einer Monatsausgabe) überschreitet. Es ist also kein Verdienst der Bundesregierung.

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