Rente mit 67 – Nachbesserungen sind notwendig
Am 1. Januar wird die Regelaltersgrenze um einen Monat erhöht. Dadurch steigt die Rente in den nächsten Jahren stärker als das ohne diese Anhebung der Fall wäre. Für alle, die einen Monat später als ursprünglich geplant in Rente gehen, bedeutet das also eine Rentenerhöhung. Das gilt nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Arbeitslose und sonstige Nichterwerbstätige, die einen Monat später in Rente gehen. Außerdem profitieren alle Rentnerinnen und Rentner, die bereits in Rente sind. Die Rente mit 67 ist also nicht wie vielfach behauptet eine allgemeine Rentenkürzung, sondern das Gegenteil ist der Fall! Gleichzeitig sind die Beiträge in der Zukunft geringer als ohne Rente mit 67.
Also eine „Win-Win“-Situation für Alle? Leider nicht. Denn für die, die nicht einen Monat später in Rente gehen können, bedeutet die Rente mit 67 tatsächlich eine Rentenkürzung: im nächsten Jahr um 0,3%, im übernächsten Jahr um 0,6% usw. Hier muss – und vor allem hier kann – nachgebessert werden.
Davon sind vor allem zwei Gruppen betroffen:
Die erste sind Erwerbsunfähige und Schwerbehinderte. Bisher konnten diese mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. Auch diese Altersgrenze wird 2012 um einen Monat angehoben. Das ist ein Skandal und muss rückgängig gemacht werden. Wer erwerbsgemindert oder schwerbehindert ist, muss auch in Zukunft mit 63 ohne Abschläge in Rente gehen dürfen.
Die zweite Gruppe sind Arbeitslose, die gezwungen werden in Rente zu gehen. Wer Arbeitslosengeld I bezieht, kann zwar nicht zwangsverrentet werden, aber eine solche Zwangsverrentung ist für Arbeitslosengeld II-BezieherInnen ab Vollendung des 63.Lebensjahres unter Einschränkungen (siehe: http://gruenlink.de/5qv) möglich. Diese Zwangsverrentung muss komplett beendet werden!
Für Menschen, die später in Rente gehen können und das auch tun, ist die Rente mit 67 ein Vorteil, für die die das nicht können, ein Nachteil, der verhindert werden kann und rückgängig gemacht werden muss. Es gibt aber noch eine dritte Gruppe, nämlich die, die später in Rente gehen könnten, es aber nicht tun. Auch bei diesen ist die Rente bei Anhebung der Regelaltersgrenze geringer als ohne. Sofern es sich dabei um eine wirklich freiwillige Entscheidung handelt, ist das kein Problem. Der Grad der Freiwilligkeit ist aber unterschiedlich. Wer gut verdient und gesund ist, hat tatsächlich die frei Wahl zwischen einer geringeren Rente, die länger bezogen wird, oder einem späteren Renteneintritt mit höherer Rente. Wer ein geringes Einkommen hat, kann es sich weit weniger leisten, früher in Rente zu gehen und die Abschläge in Kauf zu nehmen. Hinzu kommt, dass ein geringes Einkommen häufig mit einem schlechteren Gesundheitszustand und einer geringeren Lebenserwartung einhergeht, von daher besteht vielleicht formal die Wahl später in Rente zu gehen, würde aber eine große Zumutung bedeuten. Das ist bei einem oder zwei Monaten mehr oder weniger noch ein geringes, eine Verkürzung der Rentenbezugszeit von ein oder zwei Jahren bei ohnehin geringerer Lebenserwartung ist allerdings ein schwerwiegendes Problem.
Die Rentenversicherung verteilt ohnehin von unten nach oben um, weil die, die lange leben, profitieren und die Lebenserwartung mit steigendem Einkommen zunimmt. Dieser Effekt wird durch die Rente mit 67 noch verstärkt. Deshalb ist es gerecht und wird durch die Rente mit 67 noch notwendiger innerhalb der Rentenleistungen stärker umzuverteilen. Die Garantierente ist dazu eine wichtige Maßnahme, weil dadurch Menschen mit geringen Einkommen – und damit in der Regel geringeren Lebenserwartung – eine im Vergleich zu ihren Beiträgen höhere Rente erhalten. Außerdem wird es damit auch für diese Gruppe eher möglich, früher in Rente zu gehen, ohne dass die Rente unter die Armutsgrenze sinkt. Das muss natürlich mit der Möglichkeit verbunden werden, überhaupt früher in Rente gehen zu dürfen.
Neben der Garantierente ist darüber nachzudenken, ob die Rente nicht insgesamt im Sinne einer besseren Äquivalenz von Beiträgen und Leistungen stärker umverteilen sollte. Friedrich Breyer hat dazu einen interessanten Vorschlag gemacht, der die Korrelation von Einkommen und Lebenserwartung bei der Rentenberechnung mit berücksichtigt (siehe http://gruenlink.de/5qw). Eine solche Veränderung der Rentenberechnungsformel wäre eine sinnvolle Ergänzung zur Garantierente.
am 30. Dezember 2011 um 19:23
Die Verlängerung des Arbeitsalters würde aus meiner Sicht nur in Verbindung mit einem Mindestlohn, sowie Grundeinkommen funktionieren. So wie es jetzt ist, werden die Arbeiter eher ausgebeutet als, dass man zu ihrer persönlichen Entfaltung beiträgt.
am 5. Januar 2012 um 13:19
Hallo Wolfgang,
finde ich insgesamt gut. Allerdings halte ich es für problematisch, die Lebenserwartung mit in die Formel aufzunehmen. Den Versuch, über Statistik maximale Gerechtigkeit herzustellen, halte ich für falsch und wenig zielführend. Unter anderem deshalb, weil man auch darüber diskutieren müsste, warum schlechter Verdienende eine geringere Lebenserwartung haben. Weil sie härter arbeiten? Weil sie sich einen gesunden Lebensstil nicht leisten können? Oder weil sie ihren eigenen Lebensstil nicht ausreichend reflektieren? Soll ein besser verdienender „subventionieren“, wenn in bestimmten Schichten Cola nud Pommes den Speiseplan bestimmen? Mit der Gerechtigkeit ist es eben immer sehr schwierig…Mit dem oben genannten Vorschlag in der Rentenformel würde man aus meiner Sicht womöglich Ungerechtigkeit beseitigen und neue Ungerechtigkeit schaffen. Daher: Garantierente Ja!
am 5. Januar 2012 um 13:28
Mit einem Grundeinkommen steht es jedem frei, so lange zu arbeiten, wie er oder sie sich in der Lage sieht. Weg mit dem Pauschalter, mehr Freiheit wagen! Das hält sie aus, unsere Demokratie!
Es ist eben doch von Beruf zu Beruf und von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, wie lange im Leben mensch in der Lage ist zu arbeiten. Wir sollten dieser Tatsache endlich Rechnung tragen.
am 8. Februar 2012 um 19:12
Die Rente mit 67 ist in meinen Augen nicht wirklich vertretbar.
Mein Großvater starb mit 76 Jahren,mein Stiefvater mit 76 Jahren.
Der Vater von meinem Arbeitskollegen mit 74 Jahren usw.
Von den Lebensjahren mit Rentenbezug waren bei zwei Personen ein Jahr von Krankheit bestimmt.In zwei Fällen Krebs.
Beide Männer hatte über 45 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt.
Nun wird die Rentenbezugszeit weiter gekürzt (ich glaube nicht das die meisten Menschen heute älter werden und wer will das seriös wissen für die heute fünfzig jährigen)aber der Beitrag weiter erhoben .Es muss ein Modell geschaffen werden die den Rentenbezug ab dem 0 Lebensjahr ermöglicht.Mit dieser Rente
soll dann aber auch der Lebensunterhalt bestritten werden können.
Jede Anhebung des Rentenalters über das 65 Lebensjahr hinaus
ist in meinen Augen ein echter Betrug am Beitragszahler der
zwangsweise von seinem Lohn die Alterssicherung der zur zeit
lebenden Rentner bestreiten muss ,weil er selbst nicht die Aussicht
hat die selbe Bezugsdauer von Rente zu erhalten
am 8. Februar 2012 um 19:14
Es sollte Heißen:Es muss ein Modell geschaffen werden das den Rentenbezug ab dem 60 Lebensjahr ermöglicht.
am 11. Februar 2012 um 12:21
Ja, Gesche, weg mit dem Pauschalalter, mehr Freiheit wagen.
Letztlich wird das Problem“leere Kassen“ für Sozialleistungen auf den Schultern der Beitragszahler ausgetragen. Deshalb dürfen wir die Rentenkürzung nicht nur für Erwerbsgeminderte u.a nicht in Kauf nehmen sondern auch für die unteren Einkommensgruppen nicht. Ich spreche daher für die Umverteilung innerhalb der Rentenleistungen. Bindung an Lebenserwartung wird statistisch schwierig.