Die Schrauben müssen nachgezogen werden

Gepostet am Mittwoch, den 30. Juli 2008 um 13:27 in Verschiedenes

Atomkonsens neu justieren – Atomausstieg verschärfen

Vor acht Jahren, am 14. Juli 2000, haben die Chefs der großen Energiekonzerne die Atomausstiegsvereinbarung unterschrieben. Heute ist klar: Sie sind vertragsbrüchig, ihre Unterschriften sind wertlos, die Energiekonzerne wollen den vereinbarten Atomausstieg mit Unterstützung von CDU/CSU und FDP kippen. Atomkraft als Wahlkampfthema? Das kann für Frau Merkel kräftig nach hinten losgehen. Wenn wir Grüne mit einer Offensiv-Strategie in diese Auseinandersetzung gehen und uns nicht von den Atomkonzernen auf der Nase herumtanzen lassen.
Wichtig ist, dass wir jetzt nicht in die Falle tappen und uns auf die Verteidigung des Atomkonsenses beschränken – denn es geht um mehr: Durch eine Verschärfung des Atomausstiegs müssen wir die Blockade des Energiekartells bei den Erneuerbaren, bei Energiesparen und Energieeffizienz aufbrechen. Die Milliarden- Mitnahmegewinne der Atomkonzerne durch den Emissionshandel müssen an die BürgerInnen zurückgegeben werden. (Dies kann entweder direkt über einen Scheck passieren oder durch Investitionen in einen Energieeffizienzfonds, der vor allem sozial Schwächeren zu Gute kommt.) Mit den Rückstellungen für die Atommüllentsorgung finanzieren wir Erneuerbare Energien und durch eine Verschärfung der Sicherheits- und Haftungsregelungen zwingen wir die Energiekonzerne schneller auf klimafreundliche Energien umzusteigen. Denn einige Jahre nach dem Atomkonsens ist es Zeit, die Schrauben nachzuziehen. Das hat auch damit zu tun, dass seit seiner Unterzeichnung weitreichende Veränderungen eingetreten sind:

  • Die Einführung des Emissionshandels hat neue Vorteile für die Atomkonzerne gebracht und ihre Besserstellung gegenüber anderen Energieträgern durch die Politik ausgebaut statt beschränkt.
  • In der Frage der Haftung von Atomkraftwerksbetreibern ist es bislang nicht zur anvisierten Versicherungslösung gekommen.
  • Die Konzerne wollen Restlaufzeiten nicht auf neue, sondern auf die ältesten Reaktoren übertragen.
  • Die Terrorgefahr wird seit dem 11. September immer wieder beschworen, nur bei Atomkraftwerken scheint dieses Argument für die Union nicht zu gelten, obwohl ihre Sicherheit gegen einen Anschlag keineswegs gewährleistet ist.
  • Entgegen des Begriffs „Konsens“ stellen die Atomkonzerne mit Unterstützung von Union und FDP die Verhandlungsergebnisse immer wieder in Frage. Zudem werden eindeutige Vereinbarungen durch juristische Winkelzüge unterlaufen.
  • Die Folgen des Klimawandels werden immer deutlicher und eine Wende der Energiepolitik hin zu Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbarer Energie ist dringender denn je. Eine Verlängerung der Nutzung der Atomkraft würde diesen notwendigen Wandel bremsen.

All diese Punkte zeigen deutlich, dass sich die Rahmenbedingungen für den Atomausstieg in Deutschland in den letzten Jahren dramatisch verändert haben und statt einer Verlängerung der Laufzeiten ein schnellerer Ausstieg notwendig ist. Wir können mit folgenden Instrumenten eine Antwort auf diese Herausforderungen geben:

  • Eine Brennelementesteuer, die die Besserstellung der Atomenergie gegenüber den am Emissionshandel beteiligten Energieproduzenten beendet und – rückverteilt an die Bevölkerung – eine Entlastung bietet;
  • eine dem tatsächlichen Risiko angemessenere Haftungspflicht der Kraftwerksbetreiber;
  • ein öffentlicher Fonds aus den Rückstellungen der Atomwirtschaft, der dem Ausbau der erneuerbaren Energien zugute kommt und damit Atomausstieg und Investitionen in erneuerbare Energien glaubwürdiger verbindet als mit einer schwammigen Zusage der Konzerne, aus Zusatzgewinnen in Erneuerbare zu investieren;
  • die gesetzlich fixierte Abschaltung der sieben ältesten Atommeiler in der nächsten Legislaturperiode – was laut Atomkonsens ohnehin passieren müsste. Auch alle anderen Atomkraftwerke müssen einem neuen Sicherheitscheck unterzogen werden. Nur die AKW mit einem als ausreichend zu bezeichnenden Schutz vor terroristischen Angriffen dürfen dann weiterlaufen.

Das gesamte Strategiepapier als PDF zum Download