Diskussion zum Rentenmodell der katholischen Verbände mit WSK

Gepostet am Mittwoch, den 29. April 2009 um 15:25 in Altersarmut,Alterssicherung
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Sockelrente als Mindestsicherung für alle

Aus dem Bergsträßer Anzeiger vom 29.4.09:

Seine Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit ist per Gutachten bescheinigt. Doch trotz dieser grundsätzlich positiven Einschätzung: Eine Chance auf die baldige Umsetzung des von ihm mitbegründeten Rentenmodells sieht Dr. Hubert Wissing derzeit eher nicht. Auch wenn sich dies der eine oder andere Besucher im Bensheimer Kolpinghaus gewünscht hätte.

Wissing ist Referent für Gesellschaftspolitik beim deutschen Kolpingwerk und gehört zu dem engeren Kreis derer, die den gemeinsamen Rentenvorschlag der Katholischen Verbände auf den Weg gebracht haben. Mit dabei der Familienbund der Katholiken (FDK), die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und die Katholische Landvolkbewegung (KLB).

Ziel der laufenden Kampagne ist, sowohl die rund 1,5 Millionen Mitglieder wie auch viele weitere engagierte Christen als Mitstreiter zu mobilisieren und das Thema Altersarmut zu einer zentralen Herausforderung der sozialen Sicherung zu machen.

Durch die hohe Arbeitslosigkeit, eine unzureichende Berücksichtigung der Erziehungsleistungen von Eltern sowie die alternde Gesellschaft würden die sozialen Sicherungssysteme vor große Herausforderungen gestellt. Nur mit einer solidarisch finanzierten Sockelrente könne das Problem der Altersarmut gelöst werden, erklärte Wissing vor zahlreichen Gästen bei einer Podiumsdiskussion in Bensheim: „Die Sockelrente gewährleistet eine Mindestsicherung für alle, und zwar unabhängig von der individuellen Erwerbsbiografie.“ Damit sei letztlich ein „auskömmliches Leben“ im Rentenalter möglich.

Solidarkonzept auf drei Säulen

Finanziert werden sollen diese Basisbezüge über die Einkünfte aller Bürger. Das Solidarkonzept ist blockweise aufgebaut: Auf die Sockelrente in Höhe von derzeit 430 Euro baut eine beitragsorientierte Arbeitnehmer-Pflichtversicherung auf, die auf individuellen Beitragszahlungen berechnet wird. Indem dieser Rentenwert zugunsten der Sockelrente abgesenkt wird, sollen Geringverdiener und Versicherte, die durch Arbeitslosigkeit keine kontinuierliche Arbeitsbiografie haben, gegenüber dem geltenden Recht besser gestellt sein.

Als dritte Säule sieht das Verbändemodell die betriebliche und private Altersvorsorge als Ergänzung vor. „Wir wollen die Politik für das Thema Rente sensibilisieren“, so Dr. Hubert Wissing.

Christliche Sozialromantik oder handfeste Lösung? In Bensheim wurde das Modell von drei hohen Politikern kommentiert und das Problem Altersarmut grundsätzlich bewertet.

Die Bergsträßer SPD-Bundestagsabgeordnete Christine Lambrecht bezeichnete einen gesetzlich verankerten Mindestlohn als grundlegende Voraussetzung für eine Rente, von der man später leben kann. Ein auf solidarischen Füßen stehendes Rentensystem sei notwendiger denn je. Mit ihrem CDU-Kollegen Dr. Michael Meister war sich Lambrecht dahingehend einig, dass ehrenamtliche Tätigkeiten keinen direkten Einfluss auf die Höhe der Rentenzahlungen haben dürfen. Schließlich sei die Rente kein universales Entlohnungs-System für sämtliche Lebensleistungen, so Lambrecht.

Meister betonte das Thema Bildung als Schlüssel für persönlichen Wohlstand und existenzielle Absicherung. Die Idee der gesetzlichen Rente sei durch flankierte, staatlich geförderte Zusatzleistungen, die betriebliche Altersvorsorge und die Selbstvorsorge des Versicherten ein insgesamt funktionales System. Meister bezeichnete den Vorschlag der Katholischen Verbände als mutiges und machbares Modell, bei dem aber die erhöhten Belastungen des Arbeitnehmers während der Beitragsphase nicht verschleiert werden dürften.

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, für die Hessischen Grünen im Bundestag, forderte eine Rente, die für alle Menschen zum Leben ausreicht. Der Volkswirt plädiert für eine Kombination aus gesetzlicher Rente, eine verpflichtende private Altersvorsorge und eine steuerfinanzierte Garantierente, durch die Altersarmut vermieden wird. Auch er erteilte dem Ehrenamt als Faktor im Rentensystem eine klare Absage: Allein die Bewertung der persönlichen Engagements erzeuge eine bürokratische Lawine.

(c) tr/Bergsträßer Anzeiger

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