Rede zum Gesetzentwurf nationale Akkreditierungsstelle

Gepostet am Mittwoch, den 13. Mai 2009 um 14:45 in Verschiedenes,Wirtschafts- und Finanzpolitik
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In dem Gesetzesentwurf über die Errichtung einer nationalen Akkreditierungsstelle geht es um die Umsetzung einer EU-Verordnung. Diese Stelle kontrolliert zukünftig, welche Stellen darüber entscheiden dürfen, dass Produkte für den gemeinsamen Markt zugelassen werden. Dabei stellt sich nun die Frage, ob wir diese Kontrolle in private Hand oder in öffentliche Hand geben.

Die Konsequenz aus der Wirtschafts- und Finanzkrise ist eindeutig: Die beste Kontrolle der Märkte und auch die indirekte Kontrolle wird nicht von der Wirtschaft selbst gemacht. Die Wirtschaft kann sich nicht selbst kontrollieren und sie soll es auch nicht.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

In dem Gesetzesentwurf über die Errichtung einer nationalen Akkreditierungsstelle geht es um die Umsetzung einer EU-Verordnung.

Lieber Herr Guttenberg, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition: Man muss ja schon froh sein, dass dem Parlament überhaupt ein Gesetzesentwurf vorgelegt wird. Schon bis zum 1.1.2010 muss eine nationale Akkreditierungsstelle eingerichtet werden. Das ist lange bekannt. Und was macht die, ach so handlungsfähige, große Koalition. Sie streitet und streitet und kann sich nicht einigen.

Der Grund für die späte Einbringung ist ja bekannt. Das Bundesministerium für Wirtschaft konnte sich mit den anderen betroffenen Ministerien bezüglich der Trägerschaft der nationalen Akkreditierungsstelle nicht einigen. Das ist schon bezeichnend für die große Koalition. Bei dem Antritt der großen Koalition wurde den Bürgerinnen und Bürgern viel versprochen und herausposaunt, was diese große Koalition alles leisten könne. Die Bilanz ist mehr als ernüchternd. Das ist mittlerweile allen klar. Und die Vorgänge, die dem jetzt endlich vorliegenden Gesetzesentwurf vorangingen, sind bezeichnend für die große Koalition. Die große Koalition blockiert sich, weil sie sich nicht einigen kann. Und was ist die Konsequenz? Der Gesetzesentwurf wird viel zu spät in den Bundestag eingebracht.

Bei dem Konflikt ging es um eine sehr entscheidende Frage. Soll die nationale Akkreditierungsstelle als eine beliehene wirtschaftsgetragene GmbH organisiert werden oder soll eine Behörde eingerichtet werden. Es ging also um die Frage, private Trägerschaft oder öffentliche Trägerschaft. Ich möchte hier noch mal daran erinnern: Es geht um die Stelle, die kontrolliert, welche Stellen darüber entscheiden dürfen, dass Produkte für den gemeinsamen Markt zugelassen werden. Wollen wir diese Kontrolle in privater Hand oder in öffentlicher Hand? Das ist die Frage.

Wenn die Akkreditierungsstelle als eine beliehene Stelle eingerichtet wird, dann steht diese zwar noch unter behördlicher Oberaufsicht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie stark von der Industrie bestimmt und gelenkt wird, deren Produkte der Akkreditierung unterliegen. Der Durchgriff der Behörde in den operationellen Teil wäre dann nur mittelbar mit z.T. zeitraubenden Maßnahmen möglich. Das ist die Linie, die das Bundeswirtschaftsministerium, also Sie Herr Bundesminister Guttenberg, dogmatisch verfolgt haben und von der Sie nur durch die Intervention der anderen Ministerien abgegangen sind.

Ich frage mich: Ist das die Lehre, die Sie Herr Bundesminister Guttenberg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise ziehen? Glauben Sie wirklich, dass sie heute noch jemandem erzählen können, dass die beste Kontrolle der Märkte und auch die indirekte Kontrolle von der Wirtschaft selbst gemacht wird? Die Wirtschaft kann sich nicht selbst kontrollieren und sie soll es auch nicht. Das ist die Lehre aus der Finanzkrise. Und das würde auch der ordoliberalen Position entsprechen, mit der Sie sich sonst immer gerne schmücken.

Und jetzt ist eine, mit der heißen Nadel gestrickte, scheinbare Kompromisslösung herausgekommen, die Drittel-Lösung. Neben dem Bund sitzt nun die Industrie und wahrscheinlich auch die Länder mit am Tisch. Statt sich klar für die öffentliche Kontrolle zu entscheiden, soll hier ein fragwürdiger Kompromiss beschlossen werden. Dabei befürchte ich, dass sich diese Drittellösung in der Praxis als ineffizient und nicht steuerbar erweist.

Diese Fragen müssten wir intensiv im Parlament diskutieren. Diese Zeit wollten und wollen Sie dem Parlament nicht lassen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!