Antrag: Bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder und Erwachsene jetzt ermöglichen
Am Montag, den 17. Mai 2010 wird in einer öffentliche Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales eine Anhörung von Sachverständigen stattfinden, in deren Rahmen über den Antrag der Grünen zur Neugestaltung der Regelsätze eine Expertenmeinung eingeholt wird.
Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Ekin Deligöz, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Bedarfsgerechte Regelsätze für Kinder und Erwachsene jetzt ermöglichen
Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II) sowie in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII) sind von elementarer Bedeutung, weil sie das sozio-kulturelle Existenzminimum abdecken müssen. Als Mindestsicherung müssen sie dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Daher sind an die Verfahren zur Ermittlung und Festsetzung der Regelsätze im SGB II und SGB XII hohe Maßstäbe anzulegen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 zu den SGB-II-Regelsätzen zutreffend festgestellt, dass die derzeitigen Verfahren zur Ermittlung der Bedarfe sowie zur Herleitung der Regelsätze überwiegend subjektiven Kriterien folgen und wenig transparent sind. Im Ergebnis ist das Verfahren überaus zweifelhaft, so dass nicht mehr von einer verfassungsgemäßen Ermittlung des Existenzminimums ausgegangen werden kann. Damit bestätigt sich die Kritik an der Höhe der Regelsatzleistungen für Kinder und Erwachsene. Sie sind gegenwärtig nicht bedarfsdeckend und nicht Existenz sichernd. Ausgesprochen ungerechtfertigt ist es zudem, den Regelsatz für Kinder und Jugendliche pauschal vom Erwachsenenregelsatz abzuleiten.
Bereits im Jahr 2004 ergab eine Berechnung des Deutschen ParitätischenWohlfahrtsverbands, dass der Regelsatz zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur Führung eines menschenwürdigen Lebens für einen alleinstehenden Erwachsenen bei wenigstens 420 Euro liegen müsste. Eine fundierte und nachvollziehbare Expertise desselben Verbandes aus dem Jahr 2009 kommt nach einer Berechnung der Bedarfe von Kindern und Jugendlichen zu dem Schluss, dass deren Regelsätze zwischen 280 Euro für kleine Kinder und 360 Euro für ältere Jugendliche liegen müssten, wenn man das sozio-kulturelle Existenzminimum tatsächlich decken wollte.
Zusätzlich zu den ungenügenden Regelsätzen hat sich die fast vollständige Pauschalierung der früheren einmaligen Leistungen als unzulänglich und in dieser Rigorosität als lebensfremd erwiesen. Die geringe Höhe der Regelsätze erlaubt es den Hilfebedürftigen nicht, Rücklagen für größere Anschaffungen Drucksache 17/675 – 2 – Deutscher Bundestag – 17.Wahlperiode oder Reparaturen zu bilden, so dass die Hilfebedürftigen auf die darlehensweise Gewährung von besonderen Ausgaben hoffen müssen. Die Verwaltung dieser Darlehen verursacht zusätzliche Bürokratie und schmälert den monatlichen finanziellen Spielraum der Leistungsbeziehenden weiter, so dass infolge weitere Lücken entstehen.