Für eine gerechte Rentenpolitik: Dringlichkeitsantrag zur Rente mit 67 zur BDK in Freiburg

Gepostet am Montag, den 15. November 2010 um 11:00 in Altersarmut,Alterssicherung,Rente mit 67

Dringlichkeitsantrag: Für eine gerechte Rentenpolitik

BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN setzen sich für eine Rentenversicherung ein, die besser vor Armut schützt, nachhaltiger finanziert ist und eigenständige Renten von Männern und Frauen schafft. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass Belastungen gerecht zwischen den Generationen – den heutigen und zukünftigen BeitragszahlerInnen sowie den aktuellen und zukünftigen RentenbezieherInnen – verteilt werden. Zudem muss eine Rentenreform sicherstellen, dass bei der Rente die Verschiedenheit der Lebens- und Erwerbsbiografien besser als bisher berücksichtigt werden, denn es macht einen Unterschied, ob jemand lange Zeit am Bau, in der Altenpflege oder in der Hochschullehre tätig war und ob jemand mit 15 Jahren oder erst mit 30 Jahren in das Berufsleben eingestiegen ist. Die Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 67 ist eine Maßnahme, die sowohl der Stabilisierung des Beitragsaufkommens als auch der Sicherung der Rentenhöhe dient. Sie hat so einen doppelten Effekt. Wir halten die schrittweise Erhöhung der Regelaltersgrenze für notwendig. Sie ist aber nur dann vertretbar, wenn Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer ArbeitnehmerInnen ergriffen werden, da sie sonst bloß auf eine Verlängerung der Lebensarbeitslosigkeit hinausläuft und die Zahl der BezieherInnen von Grundsicherung vermehrt. Mit der Grünen Garantierente wollen wir effektiv der Altersarmut entgegenwirken. Gleichzeitig wollen wir die Flexibilisierung des Renteneintrittsalters sinnvoll ermöglichen. Eine gerechte Rentenreform stellt außerdem sicher, dass bei der Rentenberechnung die Verschiedenheit der Lebens- und Erwerbsbiografien besser als bisher berücksichtigt wird.


Wir nehmen die Ängste der Menschen sehr ernst. Unter den heutigen Arbeitsbedingungen ist es für viele Menschen kaum vorstellbar bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten, geschweige denn bis sie 67 Jahre alt sind. Arbeit macht viele Menschen krank, zunehmend mehr auch durch die Zunahme von Stress und psychischer Belastung am Arbeitsplatz. Deswegen sind bessere Arbeitsbedingungen für alle eine unverzichtbare Voraussetzung um länger arbeiten zu können. Wir sehen, dass viele ArbeitnehmerInnen heute nicht bis zum Erreichen der Altersgrenze arbeiten können. So ist für viele die Erhöhung der Altersgrenzen nichts anderes als ein weiteres Absenken der Rente.

Wir wollen verhindern, dass die Anhebung der Regelaltersgrenze eine Rentenkürzung durch die Hintertür wird. Dazu müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Menschen auch länger arbeiten können. Das heißt konkret: mehr alters- und alternsgerechte Arbeitsplätze, eine präventive Gesundheitspolitik und Schaffung von „guter Arbeit“. Man kann Fachkräftemangel nicht immer durch eine Verlängerung der Arbeitszeit entgegenwirken. Vielmehr bedarf es einer deutlich besseren Bildungspolitik wie wir GRÜNEN sie seit langem fordern und eine Politik, die nicht nur den Zuzug von Fachkräften zulässt, sondern auch vor allem hier lebenden Menschen ein generelles Arbeitsrecht gewährt.

Wir wollen die Altersgrenze für eine abschlagfreie Erwerbsminderungsrente wieder auf 63 Jahre senken. Es müssen darüber hinaus Regelungen jenseits von Arbeitslosigkeit und Berufsunfähigkeit für Menschen geschaffen werden, die in besonders physisch oder psychisch belastenden Berufe arbeiten um den Bedingungen des Arbeitslebens gerecht zu werden. Wir setzen uns dafür ein, dass flexible Übergangsmöglichkeiten in die Rente geschaffen werden. Menschen sollen ab 60 ihre Arbeitszeit reduzieren und Teilrente beziehen können. Wir wollen Beschränkungen ab und Anreize für eine längere Lebensarbeitszeit aufbauen, damit Menschen, sofern sie dies wollen, über die Regelaltersgrenze hinaus teilweise oder voll arbeiten können.

Die Anhebung der Regelaltersgrenze wird nur akzeptiert werden, wenn sicher gestellt wird, dass Menschen nach den aktiven Jahren nicht ein Leben in Armut führen müssen. Die Anhebung der Regelaltersgrenze darf nicht dazu führen, dass die Altersarmut steigt, denn Altersarmut ist besonders gravierend, weil kaum eine Möglichkeit besteht, diese Situation aus eigener Kraft zu überwinden. Deshalb wollen wir eine Garantierente als Teil der gesetzlichen Rentenversicherung einführen. Dazu werden geringe Rentenansprüche auf ein Mindestniveau so aufgestockt, dass langjährig Versicherte eine Rente erhalten, die oberhalb des durchschnittlichen Grundsicherungsniveaus liegt.

Begründung der Dringlichkeit:

Die Abschaffung der Rente mit 67 und damit die Veränderung der bisherigen Position der Partei zur Rente mit 67 wurde kurz vor Antragsschluss mit einem V-Antrag durch den KV Göttingen beantragt. Deswegen erschien dieser Punkt auch nicht in der bis dahin erhältlichen Tagesordnung für die BDK. In der Bundestagsfraktion gibt es einen Meinungsbildungsprozess zur Rente mit 67, der eine andere Stoßrichtung hat als der Antrag des KV Göttingen. Eine offene Diskussion bei diesem sowohl für die Finanzierbarkeit als auch für die Verteilungswirkungen der Rentenversicherung und die soziale Situation der älteren ArbeitnehmerInnen sehr wichtigen Thema ist notwendig. Dazu ist es aber wichtig, dass auch die Position, die sich in der Bundestagsfraktion bisher herausgebildet hat, mitberaten und mitdiskutiert wird.

AntragstellerInnen: Wolfgang Strengmann-Kuhn (KV Main-Taunus), Fritz Kuhn (KV Heidelberg), Markus Kurth (KV Dortmund), Lisa Paus (Charlottenburg-Wilmersdorf), Tarek Al-Wazir (KV Offenbach-Stadt), Ingrid Borretty (KV Offenbach-Land), Sven-Christian Kindler (KV Hannover), Katrin Göring-Eckardt (KV Gotha), Britta Haßelmann (KV Bielefeld), Harald Terpe (KV Rostock), Tabea Rößner ( KV Mainz), Elisabeth Scharfenberg (KV Hof), Ingrid Nestle (KV Flensburg), Biggi Bender (KV Stuttgart), Kai Gehring (KV Essen), Irmingard Schewe-Gerigk (KV Ennepe), Angela Dorn (KV Marburg), Wolfgang Wieland (KV Berlin-Mitte), Sibyll Klotz (KV Tempelhof/Schöneberg), Nicole Maisch (KV Kassel)