„Die wichtigste Forderung der Grünen ist die Anhebung des Rentenwertes Ost auf den Rentenwert West“. Eine Replik auf Dr. Gunnar Winkler
Am 27. April 2011 titelte die BILD-Zeitung nach einem Kurzinterview mit Wolfgang Strengmann-Kuhn: „Grüne wollen Rentenvorteile für Ost-Arbeitnehmer abschaffen“. Der Bild-Zeitungsbericht hat den Eindruck erweckt, die Grünen würden die Renten im Osten kürzen wollen. Das ist falsch! Andererseits sind wir aber auch nicht für eine Anhebung aller Ostrenten durch eine zusätzliche Beibehaltung der bisherigen Höherwertung.
Prof. Dr. Gunnar Winkler vom Volkssolidarität Bundesverband e.V. befürchtet u.a. drohende Altersarmut aufgrund von zu geringen Renten in Ostdeutschland die seiner Überzeugung nach durch den Anpassungsvorschlag der Grünen noch verschärft würde.
In einem Brief an Wolfgang Strengmann-Kuhn [PDF] machte er seinen Standpunkt deutlich. Hier nun die Antwort von WSK auf Prof. Winklers Einwände:
Sehr geehrter Herr Dr. Winkler,
haben Sie herzlichen Dank für Ihr Schreiben bezüglich der Rentenangleichung Ost/West. Sie beziehen sich dabei auf mein Interview in der BILD-Zeitung. Leider ist die BILD-Zeitung bekannt dafür, Aussagen auf ihren vermeintlichen Skandalgehalt zu verkürzen. Deshalb bin ich froh, dass Sie mir Gelegenheit geben, Ihnen unseren Ansatz in seiner Gesamtheit darzulegen.
Die wichtigste Forderung der Grünen ist die Anhebung des Rentenwertes Ost auf den Rentenwert West, und zwar so schnell wie möglich. Es ist nicht hinnehmbar, dass der Rentenwert Ost immer noch über 10 Prozent unter dem Rentenwert West liegt. Aus zahlreichen Gesprächen, Bürgerbriefen und Petitionen weiß ich aber auch, dass viele Menschen im Osten auch die Berechnung der Entgeltpunkte und die Unterscheidung in Entgeltpunkte (West) und Entgeltpunkte (Ost) als diskriminierend empfinden. Dieses Zweiklassen-Rentenrecht wollen wir so schnell wie möglich abschaffen.
Der 01. Juli eines Jahres böte sich aufgrund der sowieso anstehenden Rentenanpassung als Stichtag für die Angleichung an. Da die Rentenversicherung dafür eine gewisse Umstellungsfrist braucht, könnte die Anpassung vom heutigen Zeitpunkt an frühestens am 01.07.2012 stattfinden.
Dabei ist uns wichtig, dass alle bisherigen Rentenansprüche unverändert bleiben und die Umsetzung der Angleichung nicht neue Ungerechtigkeiten schafft. Der Bild-Zeitungsbericht hat den Eindruck erweckt, wir würden die Renten im Osten kürzen wollen. Das ist falsch! Andererseits sind wir aber auch nicht für eine Anhebung aller Ostrenten durch eine zusätzliche Beibehaltung der bisherigen Höherwertung. Hier sind wir unterschiedlicher Meinung. Wenn die Rentenwerte gleich sind, könnten dann Menschen aus dem Westen nicht mehr nachvollziehen, dass sie gleich viel in die Rentenkasse einzahlen, aber weniger Rentenansprüche dafür erhalten. Es ist für einen Geringverdiener mit 1000 Euro im Monat im Westen schwer vermittelbar, dass der Rentenanspruch bei gleichem Einkommen im Westen geringer ist, und noch weniger für eine Besserverdienende mit 4000 Euro im Monat, dass der Kollege im Osten mehr Rente bei gleichem Einkommen erhält.
Wie sie selbst schreiben, hat sich mittlerweile das Tarifniveau Ost sehr stark dem Tarifniveau West angeglichen. Nach den neuesten Zahlen des Tarifarchivs des WSI lag das Tarifniveau Ost im Vergleich zu West aber immerhin bei 96,6% und in etlichen Branchen, wenn auch leider noch nicht in allen, wird in Ost und West das Gleiche gezahlt.
mehr: Eine Debatte im Neuen Deutschland
Prof. Dr. Gunnar Winkler |
Volkssolidarität Bundesverband e.V.