Rede am 26.5.2011: Gleiches Rentenrecht in Ost und West!

Gepostet am Montag, den 30. Mai 2011 um 16:42 in Altersarmut,Alterssicherung,Ostrenten

TOP 8, ZP 4 Bundeseinheitliches Rentenrecht, 111. Sitzung vom 26.05.2011

8.) Beratung Beschlussempfehlung und Bericht (11. A)
zum Antrag B90/GRÜNE
Gleiches Rentenrecht in Ost und West
– Drucksache 17/5207, 17/5961
ZP 4) Beratung Beschlussempfehlung und Bericht (11. A)
zum Antrag DIE LINKE.
Für eine gerechte Angleichung der Renten in Ostdeutschland
– Drucksache 17/4192, 17/5962

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Richtig, Herr Birkwald, der Rentenwert Ost liegt immer noch deutlich unter dem Rentenwert West, nämlich ab 1. Juli bei 24,37 Euro im Vergleich zu 27,47 Euro. Dieser Zustand muss so schnell wie möglich beseitigt werden, weil er ungerecht ist und von den Ostdeutschen zu Recht als diskriminierend empfunden wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Da sind wir uns ja einig!)

Sie haben jedoch verschwiegen, dass Sie das nicht schnell beseitigen wollen, sondern sich fünf Jahre Zeit lassen wollen, um diese Lücke zu schließen. Bei der SPD ist das noch viel schwammiger. Da war davon die Rede, man müsse erst einmal abwarten, bis sich die Löhne angeglichen hätten. Das ist das Warten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Bei der CDU heißt es: Wir haben uns auf den Weg gemacht. – Die Ministerin hat jedoch bisher noch nichts vorgelegt, und auch die Koalitionsfraktionen haben noch nichts vorgelegt. Ich sehe diesen Weg noch nicht. Wenn unser Antrag dazu führt, dass sich die Prozesse bei Ihnen beschleunigen – das fänden wir sehr richtig -, dann hat es sich gelohnt, diesen Antrag einzubringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für uns sind folgende Dinge wichtig: Erstens. Der Rentenwert Ost muss auf den Rentenwert West angehoben werden, und zwar so schnell wie möglich.

Zweitens. Wir wollen einen Vorschlag machen, der finanzierbar und schnell umsetzbar ist, damit wir dieses Ziel erreichen.

Drittens. Es dürfen keine neuen Ungerechtigkeiten entstehen.

Viertens. Mitbedacht werden muss, dass schon jetzt die Altersarmutswelle anfängt zu rollen, und zwar insbesondere im Osten Deutschlands. Vor kurzem wurde eine neue Studie vorgelegt, die zeigt, dass die Rentenansprüche der Neurentnerinnen und -rentner seit ein paar Jahren sinken. Insbesondere im Osten wird das besonders der Fall sein. Deswegen ist uns die Forderung nach Einführung einer Garantierente sehr wichtig, weil dies insbesondere die Rentnerinnen und Rentner im Osten vor Altersarmut schützt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu unserem Vorschlag: Erstens. Wir schlagen vor, den Rentenwert Ost auf den Rentenwert West zum nächstmöglichen Zeitpunkt anzuheben. Das ist, wenn man die Umsetzung bei der Rentenversicherung mit berücksichtigt, wahrscheinlich zum 1. Juli 2012 möglich. Wir wollen nicht so lange warten wie die Linke.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist frech!)

Zweitens. Die derzeitigen Rentenansprüche sollen erhalten bleiben. Hier gibt es einen Unterschied zu den Linken, den bereits Matthias Birkwald aufgezeigt hat. Wir sind nicht der Meinung, dass man ausschließlich im Osten eine Schippe drauflegen kann

(Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD]: Wieso eine Schippe? Das sind Ansprüche!)

und die dortigen Renten einseitig um 10 Prozent erhöhen sollte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies würde neue Ungerechtigkeiten hervorrufen. Wer im Westen wenig verdient, würde nicht einsehen, warum er bei gleichem Lohn nicht den gleichen Rentenanspruch hat. Wer im Westen viel, 4 000 Euro, verdient, würde erst recht nicht einsehen, einen geringeren Rentenanspruch zu haben als jemand, der im Osten 4 000 Euro verdient.

Deswegen sagen wir: Wenn wir den Rentenwert Ost auf den Rentenwert West anheben, dann kann man in der Tat auf die Hochwertung der Entgeltpunkte in Ostdeutschland verzichten, weil der Unterschied mittlerweile nur noch marginal ist. Wenn man die Zahlen nimmt, die ab dem 1. Juli 2011 gelten, dann beträgt der Unterschied bei einem Durchschnittsverdiener mit einem Einkommen von 30 000 Euro im Jahr 38 Cent. Das ist der Vorteil, den wir sozusagen den Ostdeutschen wegnehmen wollen. Aber damit schaffen wir endlich gleiche Verhältnisse in Ost und West.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe viele Zuschriften erhalten, in denen die ostdeutschen Mitbürgerinnen und Mitbürger sagen, dass sie es als diskriminierend empfinden, dass bei ihnen die Entgeltpunkte so berechnet werden, dass dies zu einem Aufschlag führt. Denn auch die Menschen in Ostdeutschland wollen endlich so behandelt werden wie die im Westen und nicht als Erwerbstätige zweiter Klasse.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

– Ich habe doch gerade gesagt, dass, was den Rentenanspruch angeht, der Unterschied bei einem Durchschnittsverdiener mit einem Einkommen von ungefähr 30 000 Euro im Jahr 38 Cent beträgt. Das steigt dann mit höherem Einkommen an.

Sie machen einen Vorschlag, wonach alle Renten erhöht werden sollen, unabhängig von der Rentenhöhe. Das heißt, Sie sehen mehr Rente auch für die Reichen vor. Das finden wir nicht sinnvoll. Wir meinen nicht, dass jemand, der 4 000 Euro im Osten verdient, höhere Rentenansprüche haben sollte als jemand, der 4 000 Euro im Westen verdient.

(Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD]: Es geht um die Tarife und um die Branchen!)

In diesem Einkommensbereich gibt es schon jetzt meistens gleiches Geld für gleiche Arbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Richtig ist, dass die Durchschnittseinkommen im Osten nach wie vor geringer sind. Aber da muss man an den Ursachen ansetzen. Wir brauchen endlich einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Wir brauchen Branchentariflöhne. Wir brauchen mehr Allgemeinverbindlichkeitserklärungen, damit endlich auch im Osten tatsächlich genauso viel bezahlt wird wie im Westen. Wir müssen die Gewerkschaften und Arbeitgeber auffordern, endlich mit dem Unsinn aufzuhören, die Tarife für Ost und West ungleich zu gestalten. Wir brauchen da endlich gleiches Recht für West und Ost.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das brauchen wir nicht nur bei den Löhnen, sondern auch in der Rente. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden weiter Druck machen für ein gleiches Rentenrecht in Ost und West. Wir werden auch weiter Druck machen für eine bessere Armutsbekämpfung – in Ost- und Westdeutschland. Insbesondere die Ostdeutschen würden von einer Garantierente, wie wir sie vorschlagen, profitieren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

2 Kommentare zu "Rede am 26.5.2011: Gleiches Rentenrecht in Ost und West!"

  1. Manfred Peters sagte,

    am 1. Juni 2011 um 15:58

    Der Fairness und der Vorbildwirkung halber könnte doch auf die Rede von Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) hingewiesen werden:
    http://www.linksfraktion.de/reden/gleiche-rente-gleiche-lebensleistung-gerechte-angleichung-renten-ostdeutschland/
    Da wissen die Leser aus zweiter unverdächtiger Quelle, Birkwald kommt aus Köln, wo im Osten der Schuh drückt: 😉

  2. am 8. Juni 2011 um 11:13

    […] Hierzu die Rede von Wolfgang Strengmann-Kuhn. […]