Rede zur Rente ab 67 vom 26.5.2011

Gepostet am Montag, den 30. Mai 2011 um 16:38 in Rente mit 67

111. Sitzung vom 26.05.2011

6a) Zweite und dritte Beratung DIE LINKE.
RV-Altersgrenzenanpassungs-Aussetzungsgesetz (RV-AgAG)
– Drucksache 17/3546, 17/5298
6b) Beratung Beschlussempfehlung und Bericht (11. A)
zum Antrag DIE LINKE.
Rente ab 67 vollständig zurücknehmen
– Drucksache 17/2935, 17/5298
6c) Beratung Beschlussempfehlung und Bericht (11. A)
zum Antrag SPD
Chancen für die Teilhabe am Arbeitsleben nutzen – Arbeitsbedingungen verbessern – Rentenzugang flexibilisieren
zum Antrag B90/GRÜNE
Voraussetzungen für die Rente mit 67 schaffen
– Drucksache 17/3995, 17/4046, 17/5297

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei wichtige Vorbemerkungen:

Erstens. Die Rente ab 67 wird es erst im Jahr 2031 geben. Wir fangen nächstes Jahr langsam damit an. Das zu bedenken, ist wichtig.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)

Zweite wichtige Vorbemerkung. Die Rente mit 67 stellt keine Rentenkürzung dar. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)

Es ist nämlich so, dass durch die Rente mit 67 nicht nur die Beiträge sinken, sondern – das hat die Rentenversicherung vorgerechnet – auch der Rentenwert wird infolge der Rente mit 67 steigen. Das heißt, die Rente mit 67 stellt keine Rentenkürzung dar, sondern eine Renten-erhöhung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diejenigen, die sich gegen die Rente mit 67 wehren und sie wieder abschaffen wollen, sind die eigentlichen Rentenkürzer. Sie sitzen insbesondere in der Fraktion Die Linke.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist das, Herr Birkwald! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Völlig verquer!)

Sie wollen eine Rentenkürzung, Sie wollen geringere Renten im Jahr 2030 als die anderen Fraktionen hier im Bundestag. Das ist die Wahrheit.

Wenn Sie das richtig rechnen – ich habe das beim letzten Mal schon anhand des Kuchenbeispiels erklärt, das ja auch Sie immer gerne heranziehen -, kommen Sie zu dem Ergebnis: Es ist insgesamt mehr Rente zur Verfügung. Wenn mehr Leute länger arbeiten und es weniger Rentner gibt, dann sind nämlich die Kuchenstücke im Durchschnitt größer. Das heißt, es profitieren insbesondere die aktuellen Rentnerinnen und Rentner von der Rente mit 67; sie werden eine höhere Rente haben, wenn wir die Rente mit 67 einführen. Das fängt nächstes Jahr an und steigt dann langsam bis 2031 an. So ist die Situation.

 

Alle Erwerbstätigen, die nach der vollständigen Einführung der Rente ab 67 im Jahr 2031 zwei Jahre länger arbeiten können, profitieren gleich doppelt, und zwar von dem höheren Rentenwert und den zusätzlichen Rentenansprüchen, die sie durch ihre längere Erwerbstätigkeit erwerben. Bei am Ende zwei Jahre längerer Erwerbstätigkeit sind dies nach heutiger Rechnung 55 Euro mehr Rente im Monat. Selbst manche Arbeitslose, nämlich die, die Arbeitslosengeld I bekommen, erhalten eine höhere Rente, weil auch im Rahmen des Bezuges von Arbeitslosengeld I Rentenbeiträge gezahlt werden und man damit entsprechend höhere Rentenansprüche erwirbt.

Trotzdem ist nicht alles rosig. Es liegen noch viele Aufgaben vor uns. Wir sehen vor allen Dingen drei Großbaustellen. Es gibt durch die Rente mit 67 zwar insgesamt eine Verbesserung, aber in der Tat gibt es auch Menschen, die dadurch schlechter gestellt werden. Der Kollege Schaaf hat dies vorhin schon erwähnt. Die Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die zwangsverrentet werden, werden einen Rentenabschlag in Kauf nehmen müssen. Das Gleiche gilt für Menschen mit Erwerbsmin-derung, für die sich die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente im Rahmen der Einführung der Rente mit 67 erhöhen wird. Für diese Gruppen kann man vor 2012 noch etwas tun. Handeln Sie von den Koalitionsfraktionen, und verhindern Sie, dass es im nächsten Jahr für diese Personenkreise eine Rentenkürzung gibt.

Wir fordern, dass die Altersgrenze für die abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente nicht angehoben wird; denn niemand bezieht freiwillig eine Erwerbsminderungsrente. Auch die Zwangsverrentung haben wir schon immer kritisiert. Wir wollen, dass sie rückgängig gemacht wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Anton Schaaf [SPD])

Wenn man genau hinschaut, dann erkennt man, dass ausgerechnet die Schwächsten in der Gesellschaft durch die Rente mit 67 Nachteile haben. Deswegen ist es für uns besonders wichtig, dass wir mithilfe von flankierenden Maßnahmen dafür sorgen, dass es zu keinem höheren Grundsicherungsbezug durch die Rente mit 67 kommt. Dies erreichen wir, indem wir die Menschen durch eine Garantierente vor Altersarmut schützen. Dadurch ist sichergestellt, dass derjenige, der lange versichert war, eine Rente über dem Grundsicherungsniveau erhält.

Sie haben die Einrichtung einer Altersarmutskommission versprochen. Das ist wieder verschoben worden. Es gibt zum Thema „Bekämpfung der Altersarmut“ immer noch keine Vorschläge von Ihnen. Wir schlagen, wie gesagt, eine Garantierente vor. Sie ist für uns ein wichtiges Instrument, um Altersarmut zu verhindern. Durch die Rente mit 67 würde die Altersarmut, wenn man nichts unternehmen würde, für bestimmte Personengruppen steigen. Die Garantierente ist also eine erste wichtige Forderung von uns.

Zweiter Punkt. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen tatsächlich länger arbeiten können. Auch wenn es so ist, wie ich gesagt habe, dass auch Menschen im Arbeitslosengeld-I-Bezug eine höhere Rente bekommen, ist es natürlich nicht in unserem Sinne, durch die Anhebung der Regelaltersgrenze die Dauer der Lebensarbeitslosigkeit zu verlängern. Wir wollen vielmehr die Dauer der Lebenserwerbstätigkeit verlängern. Da reicht es übrigens nicht aus, wenn man nur alternsgerechte und altersgerechte Arbeitsplätze schafft. Man muss schon bei den Jungen anfangen und dafür sorgen, dass ihre Arbeitsplätze so ausgestaltet sind, dass sie tatsächlich länger am Erwerbsleben teilhaben können. Auch das ist eine wichtige Forderung von uns.

Dritter Punkt. Beteiligung am Erwerbsleben ist auch Teilhabe. Da gebe ich Herrn Kolb ausnahmsweise einmal recht.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sollten Sie viel öfter tun!)

Wir wollen es ermöglichen, dass die Menschen länger am Erwerbsleben teilhaben können, ohne sich gesundheitlich kaputtzumachen. Wir wollen außerdem, dass es einen fließenden Übergang in den Ruhestand gibt, und zwar möglichst selbstbestimmt und sozial abgesichert, damit sich den Ruhestand auch diejenigen leisten können, die nur wenig verdient haben.

Diese drei Punkte, also besserer Schutz gegen Altersarmut durch eine Garantierente, bessere Arbeitsmarktbedingungen sowie die Ermöglichung eines fließenden Übergangs in den Ruhestand, sind wichtige flankierende Maßnahmen, die wir alle gemeinsam auf den Weg bringen müssen.

2014 gibt es den nächsten Bericht zur Rente mit 67. Wir müssen dann schauen, wie die tatsächliche Entwicklung verläuft, wer von der Rente mit 67 profitiert hat und wer benachteiligt worden ist. Gegebenenfalls müssen wir an den Stellschrauben drehen und nachbessern, um Benachteiligungen zu beseitigen. Wir nehmen diese Berichtspflicht ernst und werden nach dem Vorliegen des Berichts schauen, wie es weitergeht. Wir sind aber dagegen, die Rente mit 67 abzuschaffen; denn insgesamt gesehen wird damit die Rente auf eine sicherere Basis gestellt, und sie bleibt nachhaltig finanzierbar. Wir müssen aber dafür sorgen, dass diejenigen, die durch die Rente mit 67 benachteiligt werden, davor geschützt werden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.