Antrag zur BDK: Solidarität mit den Hungernden
Kein „business as usual“ angesichts der Katastrophe am Horn von Afrika
Die BDK möge beschließen:
Auch wenn die Bilder aus den Nachrichten verschwunden sind und dadurch der trügerische Eindruck entsteht, die Lage sei nicht mehr so ernst: Die Hungerkatastrophe am Horn von Afrika ist noch längst nicht vorbei. Noch immer strömen Tag für Tag Hunderte in die ohnehin schon völlig überfüllten Flüchtlingslager in Dadaab (Kenia) und Dollo Ado (Äthiopien) sowie in die Versorgungszentren in Mogadischu.
Die schlimmste Dürre seit mehr als 60 Jahren, auch eine Folge des Klimawandels, hat aufgrund von Politikversagen zu einer gigantischen Hungerkatastrophe geführt, von der im Osten Afrikas bis zu 13,3 Millionen Menschen betroffen sind. Schätzungsweise 30 000 Menschen – überwiegend Kinder – sind bereits verhungert. Weitere 750 000 befinden sich in akuter Lebensgefahr.
Die Zahl der Opfer und akut Gefährdeten ist möglicherweise weit höher, da mehrere Regionen im Süden Somalias weder für Hilfsorganisationen noch für Journalisten zugänglich sind. Das Gleiche gilt auch für Eritrea.
Wir stimmen dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, zu, dass eine Hungerkatastrophe dieses Ausmaßes in unserer Zeit mit ihren Möglichkeiten eine Schande für die gesamte Menschheit ist.
Beschämend ist auch die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft nur sehr zögernd auf den Hilfsaufruf der Vereinten Nationen reagiert hat. Vor allem viele europäischen Nationen waren und sind so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie kaum nennenswerte Beiträge zur Linderung der Not am Horn von Afrika leisteten. Auch die Bundesregierung gab zunächst nur Kleckerbeträge und musste erst von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und der Opposition massiv gedrängt werden, bis sie bereit war, angemessen auf die Herausforderung zu reagieren.
Die Diskussion um die Schuldenkrise und notwendige Rettungsschirme für Länder und Banken in Europa darf nicht dazu führen, dass die Rettung von Menschen in Vergessenheit gerät, die akut an Leib und Leben bedroht sind.
Wir rufen deshalb die Bundestagsfraktion und den Bundesvorstand auf, alles dafür zu tun, dass die Welternährungskrise allgemein und die akute Hungerkatastrophe am Horn von Afrika nicht aus den Medien und der politischen Diskussion verschwinden.
Fraktion und Bundesvorstand sollen mit Nachdruck darauf drängen, dass die Bundesregierung die zugesagten Gelder für die Überwindung der akuten Hungerkatastrophe auch tatsächlich schnell bereitstellt und effektiv einsetzt und darüber hinaus die Beiträge für die mittel- und langfristig angelegte ländliche Entwicklung in den vom Hunger betroffenen Gebieten kräftig aufstockt.
Höhere Beträge für die ländliche Entwicklung, vor allem für die Förderung einer angepassten und nachhaltigen Landwirtschaft und Viehzucht und den Aufbau von sozialen Sicherungssystemen, dürfen aber nicht durch Umschichtungen zu Lasten anderer wichtiger Sektoren wie Grundbildung und medizinische Versorgung gehen. Deshalb ist es notwendig, dass die Bundesregierung endlich ihr Versprechen einhät und die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe so aufwachsen lässt, dass bis 2015 eine ODA-Quote (official developement assistance) von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens erreicht wird.
Gemeinsam mit der gesamten grünen Bundestagsfraktion unterstützten wir deshalb den Aufruf zu einem „Entwicklungspolitischen Konsens zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels“, den mittlerweile 368 Parlamentarier aus allen fünf Fraktionen unterzeichnet haben (www.entwicklungspolitischer-konsens.de)
Zur Überwindung des Hungers sind aber nicht nur mehr Finanzmittel notwendig sondern ein Maßnahmenbündel, das bei allen Ursachen ansetzt und sowohl die Industrienationen und Schwellenländer als auch die Regierungen der vom Hunger betroffenen Entwicklungsländer in die Pflicht nimmt. Gute Regierungsführung, der Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten, Unterstützung von Kleinbauern und Hirten, Maßnahmen gegen den Klimawandel, mehr Gerechtigkeit im Welthandel, die Eindämmung von „land grabbing“, Maßnahmen gegen die ausufernde Spekulation mit Nahrungsmitteln, Förderung von Landreformen und Flächenmanagment – orientiert am Recht auf Nahrung und dem Prinzip „Food first“ müssen Komponenten einer ganzheitlichen, kohärenten Strategie zur Überwindung des Hungers sein.
Und schließlich rufen wir auch die Bevölkerung auf, sich solidarisch mit den vom Hunger betroffenen Menschen am Horn von Afrika zu zeigen und auch weiterhin mit Spenden die Arbeit der Hilfswerke und Entwicklungsorganisationen zu unterstützen.
Deshalb werden wir auch auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Kiel Spenden für das Bündnis „Entwicklung hilft“ sammeln, in dem die Deutsche Welthungerhilfe, terre des hommes, medico international, Brot für die Welt und Misereor zusammengeschlossen sind.
Thilo Hoppe