Rede im Bundestag zur Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DDR-Betrieben

Gepostet am Freitag, den 11. November 2011 um 11:32 in Alterssicherung,Ostrenten

Zum Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Matthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2016 verlängern – Drucksache 17/7486 –

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Altersarmut droht besonders in Ostdeutschland. Dort drohen nach Berechnungen des DIW aufgrund der anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und der Absenkung des Rentenniveaus die Altersbezüge für künftige Rentnerinnen und Rentner massiv zu sinken. Weil jeder Euro zählt, ist es wichtig, dass wir die Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DDR-Betrieben über den 31. Dezember diesen Jahres hinaus um mindestens fünf weitere Jahre verlängern.

Die verlängerte Aufbewahrungsfrist soll gewährleisten, dass die für die Rentenversicherung erforderlichen Daten der Beschäftigten vor dem Betritt gesichert werden, da gegenwärtig allein bei den 2,3 Millionen bei der Deutschen Rentenversicherung Bund geführten Versicherungskonten noch ca. 286.000 Konten nicht vollständig geklärt sind. Dabei kann noch ein Monat offen sein, aber es können auch mehrere Jahre ungeklärt sein. 286.00 Rentenversicherte, das entspricht einem Anteil von ca. 12 Prozent. Eine stattliche Zahl. Wenn wir nicht handeln läuft den Versicherten der Geburtsjahrgänge 1946 bis 1974, also allen, die noch Berufsjahre in der DDR zurückgelegt haben, langsam die Zeit davon. In sechsen Wochen schon, nach dem 31. Dezember, können alle Arbeitgeber und Rechtsnachfolger von DDR-Betrieben, die zuvor gesetzlich verpflichtet waren, die alten Lohnunterlagen aus DDR-Zeiten aufzuheben, diese nun vernichten. Im Ergebnis wären Verdienstnachweise aus den Jahren vor 1992 dann nicht mehr zu beschaffen und könnten bei der Rentenberechnung nicht mehr berücksichtigt werden. Wenn das Konto Lücken in der Versicherungsbiographie aufweist oder Nachweise unvollständig sind oder ganz fehlen, kann das bei der späteren Rente zu finanziellen Einbußen führen.

Wir alle wissen doch: Jede Lücke im Versicherungskonto ist bares Geld. Da ist es nicht nur nicht zielführend ständig darauf hinzuweisen, die Betroffenen seien in den vergangenen 16 Jahren mehrfach aufgefordert worden, ihre Rentenkonten zu klären und wer nichts tue, sei selber Schuld. Es ist hochgradig zynisch.

Nochmal: Jede Lücke im Versicherungskonto ist bares Geld wert. Und zwar für den einzelnen, der oder die bei der Rente Einbußen wegen Versicherungslücken hinzunehmen hat. Aber auch für die Gemeinschaft, der allen Zahlen zufolge auch ohne diese einheitsbedingten Lücken in den Erwerbsbiografien ein immenser Anstieg an Grundsicherungsbezugsbeziehenden ins Haus steht. Wir können uns das schlicht nicht erlauben.

Natürlich reicht eine Verlängerung der Aufbewahrungszeiten für die Lohnunterlagen als Maßnahme gegen Altersarmut nicht aus, sondern wir brauchen insbesondere für den Osten eine Garantierente, die über dem durchschnittlichen Grundsicherungsniveau liegt. Die Garantierente kann und soll aber eigene Ansprüche nicht ersetzen. Deswegen gilt es jetzt sicherzustellen, dass die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet vorhandenen Entgeltunterlagen mindestens bis zum 31. Dezember 2016 vom Arbeitgeber aufbewahrt werden.