Artikel zur Veranstaltung zum Euro in Idstein

Gepostet am Donnerstag, den 17. November 2011 um 23:46 in Finanzkrise,Wirtschafts- und Finanzpolitik

http://www.wiesbadener-tagblatt.de/region/untertaunus/idstein/11365943.htm

„Ist Euroland wirklich in der Krise?“ – Die Grünen im Idsteiner Land wollten der vielbeschworenen und vieldiskutierten, der derzeit omnipräsenten Krise einmal auf den Grund gehen und luden den Frankfurter Bundestagsabgeordneten der Grünen Wolfgang Strengmann-Kuhn ein, der als habilitierter Volkswirt ökonomische Theorie und politische Praxis seit seinem Einzug in den Bundestag 2008 miteinander verbindet.

Ist der Euro in der Krise? Strengmann-Kuhn antwortet mit deutlichem Ja und er erläutert dem mit 13 interessierten Zuhörern nur sehr kleinem Publikumskreis, dass es nicht nur die immense Höhe der Staatsschulden in den europäischen Ländern ist, die zur Krise geführt habe, sondern dass viele Faktoren zusammen kommen und vor allem der Vertrauensverlust der Finanzmärkte für die Krisenstimmung sorge. Geldwirtschaft basiere auf Vertrauen, denn der Staat garantiere dafür, dass hinter dem Geld einer Wirtschaft auch die entsprechenden Güter als Werte stehen. „Unser Geld ist in Gefahr, wenn das Vertrauen nicht mehr da ist“, erklärt der grüne Abgeordnete, der vor seiner politischen Tätigkeit an verschiedenen Hochschulen, zuletzt an der Frankfurter Goethe-Universität, tätig war.

Er räumte ein, dass es auch für viele Bundestagsabgeordnete in den vergangenen Krisenwochen schwierig war, genau abzusehen, worum es im Detail ging bei den wichtigen Krisenabstimmungen und Notmaßnahmen, was denn wirklich die Auswirkungen der Bundestagsbeschlüsse sind oder sein können. Vielfach habe es nicht genügend Zeit gegeben, um sich mit den Inhalten der Abstimmungsvorlagen auseinanderzusetzen, berichtete er aus der turbulenten Arbeit in der Krise.

„Es gibt nur eine Lösung und das ist die europaweite Lösung der Krise. Ein Ausstieg Griechenlands oder gar eine Pleite Italiens wäre die Voll-Katastrophe“, beantwortet er allgegenwärtige Fragen nach einem Ausschluss von Eurozonen-Mitgliedern mit seinem Credo, dem er die Notmaßnahmen, die in der derzeitigen Situation zu tun sind, unterordnet.

Zu Schuldenschnitt, Bankenrettung, Rettungsschirm gebe es in diesen Tagen und Wochen keine Alternative. Strengmann-Kuhn fordert eine Eigenkapitalerhöhung der Banken auf nicht nur neun, sondern 15 Prozent, er fordert die Einführung von Eurobonds und vor allem eine Verkleinerung der Banken, damit die Maxime „too big to fail“ nicht mehr greifen könne. Nach seiner Analyse gibt es bei einem Übermaß an Schulden auch ein Übermaß an Vermögen an anderer Stelle.

Seine Schlussfolgerung daraus ist, dass Schulden und Vermögen gleichzeitig reduziert werden müssen, was durch Schuldenschnitt oder Inflation oder Wachstum der Wirtschaft erreicht werden könne, wobei Letzteres von den Grünen eher kritisch gesehen werde.

Eine Vermögensabgabe sieht Strengmann-Kuhn als wirksames Mittel zur Entspannung der Krise an. Auch damit würde Vermögen reduziert.

Aktive Regulierung der Finanzmärkte, Finanztransaktionssteuer, Zerschlagung der Großbanken sind weitere Kernpunkte eines Maßnahmenkataloges, den er für wirksam hält, der derzeitigen Krise zu begegnen.

Er plädiert sogar für eine komplette Reform des Bankensystems in Richtung auf mehr Transparenz und stärkeres Engagement für soziale und ökologische Projekte. Eine Kampagne pro Öko- Banken sei innerhalb der Grünen schon in Erwägung gezogen worden.

Wichtiges Element der weiteren europäischen Politik müsse eine europäische Wirtschaftsregierung sein, die durch das europäische Parlament gewählt und kontrolliert würde und europäische Steuern erheben könne. Dass dies in der derzeitigen Situation nur ein Fernziel sein könne, darüber ist sich der Politiker Strengmann-Kuhn bewusst.

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