Kleine Anfrage: Beteiligung von Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern an Bewertungsreserven bei Lebens- und Rentenversicherungen
Drucksache 17/9237 vom 30. 03. 2012
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, Maria Klein-Schmeink, Dr. Tobias Lindner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Birgitt Bender, Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Beteiligung von Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern an Bewertungsreserven bei Lebens- und Rentenversicherungen
Seit dem 1. Januar 2008 sind Versicherte in der Lebensversicherung bei Been- digung ihres Vertrages nicht nur an den Überschüssen, sondern auch an den Be- wertungsreserven der Versicherungen zu beteiligen. Bei Rentenversicherungen besteht der Anspruch bei Beendigung der Ansparphase und während der Ren- tenlaufzeit. Bewertungsreserven (auch „stille Reserven“ genannt) ergeben sich aus der Differenz zwischen den angesetzten Buchwerten und den Zeit- oder Marktwerten von Kapitalanlagen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgegeben (vgl. Urteil vom 26. Juli 2005, Aktenzeichen: 1 BvR 782/94), dafür Sorge zu tragen, dass Versicherungsnehmerinnen und -nehmer einen Anspruch auf Teilhabe an den Vermögenswerten erhalten, die durch Prämienzahlung geschaffen werden.
Schon kurz nachdem die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) verabschiedet wurde, mahnten jedoch Verbraucherschützer, dass die Regelung seitens der Versicherungswirtschaft kundenunfreundlich ausgelegt würde. Ver- sicherer würden das, was sie an Bewertungsreserven zu zahlen haben, durch Kürzungen bei den Überschüssen ausgleichen. Zudem wird bis zum heutigen Tage kritisiert, dass die Berechnungen der Versicherer für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht transparent und damit nicht nachvollziehbar seien (vgl. Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Hamburg vom 19. März 2012 „Allianz: David gegen Goliath“).
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Liegt nach Auffassung der Bundesregierung ein Verstoß gegen § 153 Absatz 3 VVG vor, wenn eine pauschale Beteiligung an den Bewertungsreserven he- rausgelöst und in einen so genannten Sockelbetrag umgewandelt und der Schlussüberschuss insoweit gekürzt wird?
Werden dadurch die aus einer Lebensversicherung ausscheidenden Versi- cherungsnehmer seitens der Versicherungsunternehmen nicht bzw. nicht in geschuldetem Umfang an den Bewertungsreserven beteiligt?
2. Bedürfte ein in Frage 1 genanntes Vorgehen einer Änderung der allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 10 Absatz 1 Nummer 7 des Versicherungsauf- sichtsgesetzes)?
3. Hat ein aus der Lebensversicherung ausscheidender Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherungsunternehmen einen Anspruch darauf, dass ihm über Anlagevermögen, Buch- und Zeitwerte und die Zuweisung von Bewer- tungsreserven auf seinen konkreten Vertrag insoweit Auskunft erteilt wird, dass ihm oder einem Gericht eine Überprüfung des ermittelten Betrages mög- lich ist?
Woraus ergibt sich dieser Anspruch, und wie kann eine solche Überprüfung erfolgen?
4. In welchem Zusammenhang steht der Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu der in den Fragen 1 und 3 beschriebenen Thematik, vor dem Hintergrund, dass § 130 Absatz 3 und 4 VVG – neu – vorsieht, dass Lebensversiche- rungsunternehmen zur Sicherstellung der Erfüllbarkeit der Verpflichtungen einen sogenannten Sicherungsbedarf von dem den Versicherungsnehmern zustehenden Anteil an den Bewertungsreserven in Abzug bringen können?
Berlin, den 30. März 2012
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
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