Antrag: Konsequente Umsetzung des Public Corporate Governance Kodex
Antrag der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Volker Beck (Köln), Dr. Gerhard Schick, Dr. Konstantin von Notz, Kerstin Andreae, Priska Hinz (Herborn), Dr. Tobias Lindner, Ingrid Nestle, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Sven-Christian Kindler, Fritz Kuhn, Beate Müller-Gemmeke, Lisa Paus, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe und der Frak-tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Konsequente Umsetzung des Public Corporate Governance Kodex
Im Public Corporate Governance Kodex (Public Kodex), der für Unternehmen mit staatlicher Beteili-gung gilt, ist die individuelle Offenlegung der Gehälter der Geschäftsführung, Vorstände und Auf-sichtsräte als Empfehlung enthalten. Seit der Verabschiedung im Sommer 2009 kommt die Umsetzung der Empfehlungen aus dem Public Kodex zwar voran,es gibt aber nach wie vor Unternehmen in Bun-desbesitz, welche den Public Kodex noch nicht in ihren Satzungen verankert haben bzw. die Gehälter von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern, Vorständen und Aufsichtsräten noch nicht individua-lisiert veröffentlichen. Deshalb ergibt sich folgender Handlungsbedarf:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert,
1. sich dafür einzusetzen, dass in allen Satzungen der Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligungen des Bundes bis Ende des Jahres 2012 der Public Corporate Governance Kodex („Public Ko-dex“) verankert wird
2. auf die Umsetzung des Public Kodex in allen anderen Bundesbeteiligungen hinzuwirken.
3. mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass bei allen Änderungen der Verträge der Mitglieder der Geschäftsführung, der Vorstände und Aufsichtsräte sowie bei sämtlichen Neuanstellungen von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern, Vorständen und Aufsichtsräten festgesetzt wird, dass deren Vergütung unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und der zu dieser Frage ergangenen einschlägigen Rechtsprechung auf gesetzlicher Grundlage grundsätzlich transparent und in namentlicher Aufzählung offengelegt wird.
Berlin, den 12. Juni 2012
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Begründung
Im Public Kodex ist die Offenlegung der Vergütung von Geschäftsführern und Vorständen als Emp-fehlung enthalten. So ist eine Abweichung vom Kodex möglich, die lediglich im jährlichen Corporate Governance Bericht vermerkt werden muss. Die Zahl der Unternehmen, die die Bezüge der Vorstände und Aufsichtsräte tatsächlich individuell veröffentlichen, zeigt, dass eine freiwillige Empfehlung zu kurz greift. Als Anteilseigner kann der Bund maßgeblich darauf hinwirken, wie und ob der Public Corporate Governance Kodex umgesetzt wird und für eine klare gesetzliche Offenlegungspflicht der Vergütung sorgen. Nur so kann die Unternehmensführung und -überwachung ehrlich, konsequent und
transparent gestaltet werden.
Die öffentliche Bekanntmachung von individuell zuordenbaren Vergütungen stellt zwar einen rechtfertigungsbedürftigen
Eingriff in Artikel 8 EMRK bzw. das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
der Betroffenen dar (vgl. EuGH Urt. v. 20.5.2003, C 465/00, C-138/01 und C-139/01 – Slg.
1-4989 – Österreichischer Rundfunk; BVerfGE 65, 1, 41 ff.; BVerfG NJW 2008, 1435). Beide Gerichte
betonen allerdings die Umsetzbarkeit des Transparenzanspruches, soweit besondere
privatheitsschützende Elemente beachtet werden.
Im Falle von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung überwiegt grundsätzlich das Interesse der Beteiligungsverwaltung, der Steuerzahler und der Öffentlichkeit daran, über die Verwendung der eingesetzten
öffentlichen Mittel Rechenschaft zu erhalten gegenüber den dadurch betroffenen Persönlichkeitsrechten
und einem möglichen Bedürfnis nach Geheimhaltung. Betriebe mit Beteiligung des Bundes
sollen grundsätzlich eine Vorbildrolle einnehmen und die obligatorischen Grundsätze guter Unternehmens-
und Beteiligungsführung umsetzen.
In der Antwort auf die Schriftliche Fragen 454 und 455 von Beate Walter-Rosenheimer im Monat
Februar beruft sich das Bundesministerium der Finanzen auf laufende Satzungsänderungverfahren, in
denen der Kodex dann verankert werden solle. Seit der Verabschiedung im Sommer 2009 kommt die
Umsetzung der Empfehlungen nicht schnell genug voran. Daher sollen die für die Führung der Beteiligung
zuständigen Bundesministerien darauf hinwirken, bei den Unternehmen, die die Regelwerke
noch immer nicht angepasst haben bis Ende des Jahres eine Satzungsänderung zugunsten der Einbindung
des Public Kodex zu erwirken.