Kleine Anfrage: Bürgerfreundliche und förderstarke Jobcenter

Gepostet am Montag, den 4. Februar 2013 um 17:31 in Parlamentarische Initiativen,Verschiedenes

Deutscher Bundestag Drucksache 17/12269 vom 04. 02. 2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz (Herborn), Maria Klein-Schmeink, Dr. Tobias Lindner, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bürgerfreundliche und förderstarke Jobcenter

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat im März 2012 vier Vorschläge für eine bürgerfreundliche Grundsicherung vorgestellt. Empfohlen wurde, die Dauer der Bewilligungszeiträume in der Regel auf zwölf Monate zu verlängern, die Frage der temporären Bedarfsgemeinschaften eindeutig zu klären, die verpflichtende Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für nicht arbeitslose Leistungsberechtigte wegfallen zu lassen sowie Verbundlösungen für die Bearbeitung bestimmter Aufgaben der Jobcenter zuzulassen. Auch von anderer Seite, beispielsweise vom Deutschen Landkreistag und vom Bundesrechnungshof, liegen Vorschläge zur Verwaltungsvereinfachung der Grundsicherung vor.
Diese Vorschläge zielen im Kern allesamt auf die Reduzierung des Aufwands sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für die Jobcenter. Erwartet werden davon außerdem Einsparungen von Kosten und anderer Ressourcen sowie eine deutliche Verringerung des Fehler-, Widerspruchs- und Prozessrisikos im Zusammenhang mit Entscheidungen der Jobcenter. So rechnet die BA allein durch die Verlängerung des Bewilligungszeitraums mit 40 Prozent weniger Be- scheiden im Vergleich zum Status quo.
Aus Studien ist bekannt, dass eine verbesserte Betreuungsrelation im Rahmen eines ganzheitlichen Betreuungsansatzes zu einer Verringerung der Arbeits- losigkeit beiträgt. Diese für den Rechtskreis des Dritten Buches Sozialgesetz- buch (SGB III) vorliegenden Ergebnisse (vgl. z. B. Modellversuch „Kunden aktivieren – Integrationsleistung verbessern“ und das Modellprojekt PINGUIN) haben sich inzwischen auch im Bereich SGB II verifizieren lassen. So hat beispielsweise das von PINGUIN maßgeblich beeinflusste Projekt „Integrieren, Mut machen, Stärken stärken“ (PRIMUS) gezeigt, wie benachteiligte Arbeitslose mit einer intensiven, vermittlungsorientierten und ganzheitlichen Unterstüt- zung im Jobcenter wirkungsvoll unterstützt werden können (vgl. IAB-For- schungsbericht 05/12, „Es lässt sich mit allen arbeiten“).
Mit einem verbesserten Betreuungsschlüssel arbeitet auch das Berliner Modellprojekt „Joboffensive“. Es richtet sich jedoch ausschließlich an sogenannte marktnahe Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und -Bezieher, die über eine in- tensivere Betreuung schneller und erfolgreicher als bisher in Arbeit vermittelt werden sollen. Das für dieses Projekt benötigte Personal wurde nur zum Teil zusätzlich eingestellt; ein Gutteil der Beschäftigten wurde aus dem Bestand ab- gezogen, so dass im Endeffekt ein besserer Betreuungsschlüssel für die marktnahen Arbeitsuchenden mit einem verschlechterten Betreuungsschlüssel für die nicht marktnahen Arbeitsuchenden „erkauft“ wurde. Die von verhärteter Arbeitslosigkeit Betroffenen werden demnach während des laufenden Modellprojekts weniger unterstützt als bisher – und dies, obwohl bei ihnen häufig komplexe Problemlagen vorliegen, die in der Regel nur mit einer intensiven Begleitung überwunden werden können.
Das Projekt „Joboffensive“ soll nun auch in Nordrhein-Westfalen starten. Dazu sagte der Vorstand Grundsicherung der BA, Heinrich Alt: „Hinter der Offensive steckt eine ganz einfache Strategie: mehr Vermittler, mehr Zeit, mehr Integra- tionen. Fest steht: Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Betreuungsrelation und Integrationserfolg.“ (Pressemitteilung der Bundesagentur vom 21. Januar 2013).
Die Alternative zur Schlechterstellung von einzelnen Gruppen von Arbeitsuchenden im Rahmen von „Joboffensiven“ liegt auf der Hand. Mit einer Reduzierung des Verwaltungsaufwands und der damit einhergehenden Senkung der benötigten Personal- und Mittelressourcen könnte eine Umsteuerung hin zu einer inten- sivierten Betreuung und Förderung aller Arbeitsuchenden in die Wege geleitet werden. Die Jobcenter könnten damit weitaus bürgerfreundlicher und förder- stärker als bisher auftreten und die Arbeitsuchenden damit besser bei der Ar- beitsmarktintegration unterstützen.
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