FR: Verfechter für Grundeinkommen

Gepostet am Donnerstag, den 12. September 2013 um 11:37 in Verschiedenes

FR vom 17.07.2013: Offenbach

Verfechter für Grundeinkommen

Von Madeleine Reckmann

Der Grüne Wolfgang Strengmann-Kuhn möchte für Offenbach in den Bundestag ziehen. Er tritt für eine Gesellschaft ohne Armut ein.

Offenbach. – Ein Idealist sei er nicht, eher ein Weltverbesserer, erklärt Wolfgang Strengmann-Kuhn. Dass er für eine Gesellschaft ohne Armut eintrete, habe nichts mit Träumereien zu tun, sondern mit Vernunft. „Ich bin Ökonom, ich kann die Dinge auch rechnen“, sagt er. Der 49-Jährige ist überzeugt davon, dass das Grundeinkommen und die Garantierente in Deutschland finanzierbar seien mit einem Einkommenssteuersatz von 35 bis 42 Prozent.

Und deshalb passe er gut zu Offenbach, wo nach wie vor die meisten Arbeitslosen und in Armut lebende Kinder wohnen. Strengmann-Kuhn ist der Direktkandidat der Grünen bei der Bundestagswahl für den Wahlkreis 185. Er stammt zwar nicht aus Offenbach und wohnt auch nicht dort. Aufgewachsen ist er in Moers bei Duisburg und wohnt seit 1996 in Frankfurt.

Ein Arbeiterkind

Aber Offenbach mit seiner Arbeiteratmosphäre und den Strukturwandelproblemen kommt ihm vertraut vor. „Mein Vater war bei Thyssen Schichtarbeiter, ich bin ein Arbeiterkind“, erzählt er. Dass Menschen mit sehr wenig Geld auskommen müssen, kennt er auch aus eigener Erfahrung. Strengmann-Kuhn arbeitete von 1992 bis 2008 als Wissenschaftler – und war zeitweise arbeitslos. Zudem bezog er eine Weile als Aufstocker Sozialhilfe, weil das Gehalt aus einer halben Stelle für die junge Familie – der Wissenschaftler hatte damals bereits ein Kind – nicht ausreichte. „Sozialhilfe ist kein Almosen, sie ist ein Anrecht“, sagt er. Die Themen Armut, Rente und Grundsicherung begleiten Strengmann-Kuhn in Beruf und Politik seit über 20 Jahren. Armut und Rente war der Schwerpunkt seiner Diplomarbeit zum Volkswirt an der Universität Bielefeld. Seine Doktorarbeit schrieb er über „Armut trotz Erwerbstätigkeit“. Bevor er 2008 als Nachfolger für Margareta Wolf in den Bundestag nachrückte, war er Professor für Arbeitsmarktökonomik an der Frankfurter Goethe-Universität. Als Bundestagsabgeordneter ist er zunächst im Wirtschafts- sowie im Arbeits- und Sozialausschuss und jetzt rentenpolitischer Sprecher.

„Seit 20 Jahren bin ich ein Befürworter des Grundeinkommens“, sagt er. Doch sein Standpunkt ist noch nicht mehrheitsfähig in seiner Partei. „Das hieße, am ganz großen Rad drehen“, ergänzt er. Einkommenssteuer und Sozialversicherung müssten komplett neu aufgestellt werden.

Daher plädiert der Ökonom für die schrittweise Vorgehensweise, „auch um die Skeptischen mitzunehmen“. „Man könnte mit dem Grundeinkommen für bestimmte Bevölkerungsgruppen anfangen, etwa für Kreative“, sagt er. Auch ein Thema, das zu Offenbach passt. Denn dort leben viele Kreative. Weniger als eine Milliarde Euro sei dafür notwendig.

Strengmann-Kuhn war in der vergangenen Legislaturperiode Direktkandidat für den Main-Taunus-Kreis. Da die Hessen-Chefin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, für den Main-Taunus-Kreis kandidieren wollte, weil sie in Eschborn wohnt, ließ Strengmann-Kuhn ihr dort den Vortritt.

Sein persönliches Ziel ist es, mindestens so gut abzuschneiden wie 2009 sein Vorgänger Klaus-Uwe Gerhardt, der 9,8 Prozent der Erststimmen erhielt. So lange die Grünen insgesamt kein schlechteres Ergebnis erzielen – damals errangen sie 10,7 Prozent –, zieht Strengmann-Kuhn in den Bundestag ein. Mit der Nummer Sechs hat er einen sicheren Listenplatz.

Vita

Wolfgang Strengmann-Kuhn ist seit 1981 Mitglied der Grünen. 1999 tritt wegen des Kosovo-Kriegs aus und 2001 wieder ein.

Seit 2008 ist er im Deutschen Bundestag, bei der Bundestagswahl 2009 erreichte er 10,2 Prozent der Stimmen im Main-Taunus-Kreis. Der Ökonom ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Am Mittwoch, 17. Juli, 19 Uhr spricht er im Ostpol, Hermann-Steinhäuser Weg, über Armut.

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