Newsletter Juni 2011

Newsletter von Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, MdB            17.06.2011

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Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

Deutschland steigt aus der Atomenergie aus! Das ist eigentlich ein Grund zur Freude und ein großer Erfolg von über 30 Jahren Grüner Politik und – noch längerer – Anti-AKW-Bewegung. Allerdings schwingt auch Trauer mit, denn immer noch sind die Folgen des Atomunfalls in Fukushima nicht absehbar. Nächste Woche müssen wir auf einem Sonderparteitag entscheiden, wie wir uns zu dem von der Regierungskoalition vorgeschlagenen Atomausstieg verhalten. Das ist keine einfache Entscheidung. Können wir Grünen gegen einen Atomausstieg stimmen? Aber: können wir diesem Atomausstieg zustimmen, der über fünf Jahre länger dauert als wir in den letzten Monaten gefordert haben, wofür wir mit hunderttausenden von Menschen auf die Straße gegangen sind? Ein Ausstieg, mit dem vor allem der Einstieg und Umstieg auf ein Zeitalter der erneuerbaren Energien und der notwendige Umbau der Energieversorgungsstruktur nicht wirklich gelingt? Bei dem in Gorleben weitergebaut wird und die Stromlücke durch neue Kohlekraftwerke ersetzt werden soll? Ohne Zweifel: Ein echter Atomkonsens wäre sinnvoll, aber davon sind wir noch entfernt, deshalb schreibe ich in meinem Blog: Atomausstieg – Keine Grüne Zustimmung ohne Veränderungen. Unabhängig davon, wie der Ausstieg letztlich aussieht, werden wir weiter wie in der Vergangenheit die treibende Kraft für eine neue Energiepolitik der Zukunft sein müssen.

Der Newsletter als .pdf

Auch in der Sozialpolitik machen wir weiter Druck auf die Regierung. So wurde die eigentlich für April angesetzte Regierungskommission zur Altersarmut abgesetzt, weil sich die Koalition nach wir nicht einig ist. Spätestens mit der Antwort auf unsere Große Anfrage zur Altersarmut, die das Kabinett Ende des Monats beraten soll, muss sie endlich Position beziehen. Ab Herbst soll es dann einen „Regierungsdialog Rente“ geben, bei dem – die bisher nicht vorhandenen – Vorschläge der Bundesregierung zur Bekämpfung von Altersarmut diskutiert werden sollen. Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Politik von der Leyens (Regelsätze, Bildungskarte und Bildungspaket, Reform der Arbeitsmarktinstrumente etc.) ist Skepsis angebracht, ob da was Gutes herauskommt. Wir haben im Mai ein gut besuchtes öffentliches Fachgespräch zu Altersarmut durchgeführt, werden voraussichtlich noch vor der Sommerpause ein erstes Positionspapier zur Grünen Garantierente und wahrscheinlich im Herbst ein konkretes und Garantierenten-Modell in der Fraktion verabschieden. Auch bei einem weiteren Rententhema sind wir vorne dran. Die Bundesregierung hat versprochen, ein einheitliches Rentensystem in Ost und West einzuführen. Passiert ist bisher nichts. Wir haben dazu einen Vorschlag gemacht, der zu einem starken Medienecho geführt hat, und jetzt die Bundesregierung zwingt, endlich aktiv zu werden. Wir werden auch weiterhin Druck machen: für gleiches Rentenrecht und für einen besseren Schutz vor Altersarmut – in Ost und West.

Um diese und weitere Themen geht es in diesem Newsletter. Am Ende gibt es auch wieder eine Liste mit kommenden Terminen, so wird es z.B. nach der Sommerpause einen regelmäßigen „WSK Stammtisch Grün-Donnerstag“ in Frankfurt geben, der etwa alle ein bis zwei Monate jeweils donnerstags stattfinden soll.

Ich freu mich über Euer/Ihr Interesse und Anregungen.

Ihr/ Euer Wolfgang Strengmann-Kuhn

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1           Wirtschaft

1.1       Griechenland

In Deutschland scheint die Wirtschaftskrise mittlerweile überwunden. Aus europäischer Perspektive sieht das ganz anders aus. Nicht nur die Situation in Griechenland zeigt, dass die Finanzkrise noch nicht beendet ist und damit ist auch die weitere Entwicklung in Deutschland unsicher. Deswegen ist es nicht nur ein Gebot der europäischen Solidarität, sondern auch im Eigeninteresse und nicht zuletzt im Interesse der Europäischen Union, Griechenland und Portugal zu helfen. Die Alternative, die zunehmend insbesondere in Teilen der FDP Freunde findet, nämlich ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro, wäre letztlich fatal – für Griechenland, für die Europäische Union und auch für die deutsche Wirtschaft, u.a. weil ein ähnlicher Effekt droht wie nach der Lehmann-Pleite. Aus Grüner Sicht stellt sich deshalb nicht die Frage des Ob, allerdings zunehmend die Frage des Wie der Hilfe. Denn die bisherigen Hilfen haben nicht zu einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung geführt, sondern im Gegenteil. Mit dem Green New Deal haben wir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, gleichzeitig die Finanz- und Wirtschaftskrise, die ökologische Krise und die Armuts- und Verteilungskrise anzugehen. Auf die konkrete Situation in Griechenland umgemünzt heißt das, dass die notwendige Konsolidierung der Haushalte erstens mit Investitionen einhergehen muss – wobei uns nicht ansteht, den Griechen vorzuschreiben, worin, allerdings besteht dort z.B. im Bereich erneuerbare Energien großes Potential – und zweitens die soziale Schieflage zu beseitigen. Letzteres ist in mehrfacher Hinsicht wichtig. Die Finanzkrise wie die hohe staatliche Verschuldung in Griechenland und anderswo hängt unmittelbar mit der hohen privaten Vermögensbildung zusammen. Diese muss deswegen unbedingt zur Konsolidierung mit herangezogen werden. Darüber hinaus können die Sparbemühungen, die in Griechenland entgegen der landläufigen Meinung erheblich sind, nur erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht erfolgen. Die „kleinen Leute“ sind allerdings in Griechenland besonders betroffen. Diese müssten im Gegenteil besonders geschützt werden. Schließlich ist es auch ökonomisch sinnvoll, wenn die Kaufkraft im unteren Einkommensbereich gestärkt und nicht geschwächt wird. Aus ökonomischer Sicht ist außerdem von essentieller Bedeutung, dass nicht „kaputt gespart“ wird, sondern es muss gleichzeitig gespart und investiert werden, auch wenn dies angesichts knapper Mittel kein leichtes Unterfangen ist.

 

Für die europäischen Hilfen bedeutet das, dass Griechenland (und andere Länder) Luft zum Atmen für Investitionen und für die soziale Absicherung brauchen. Wir sind deswegen für eine Umschuldung. Eine Umschuldung kann in drei Weisen erfolgen: durch eine Verlängerung der Laufzeiten der Kredite, wie sie Schäuble vorgeschlagen hat, geringere Zinsen für die Kredite oder durch eine Absenkung der Schuldenlast. Ersteres reicht für Griechenland dabei aus unserer Sicht nicht aus, weil damit die Probleme nur in die Zukunft verschoben werden. Außerdem verschiebt sich die Gläubigerstruktur zunehmend vom privaten zum öffentlichen Bereich, d.h. wenn der private Sektor beteiligt werden soll, sollte eine Umschuldung schnell passieren, damit die Öffentlichkeit nicht die volle Last trägt. Für eine umfassende Beteiligung der privaten Gläubiger ist es dafür schon fast zu spät, weil insbesondere viele Banken ihre Staatsanleihen schon verkauft haben. Wir sind dafür, dass die Kredite an Griechenland und Portugal zu niedrigen Zinsen vergeben werden sollten, damit die Belastung verringert wird und weil es nicht sein kann, dass wir an den Krisen auch noch verdienen. Außerdem sollte es für Griechenland einen Schuldenschnitt geben, wobei darauf zu achten ist, dass gleichzeitig die Banken vor Insolvenzen geschützt werden müssen, damit die Abschreibungen nicht zu einer Verschärfung der Bankenkrise führen.Insgesamt braucht es einen grundlegenden Politikwechsel in der europäischen Wirtschaftspolitik, die nicht nur, aber auch die aktuellen Hilfen betrifft. Ich habe deswegen den von Sven Giegold mitformulierten Appell „Change for Europe“ unterschrieben, in dem der notwenige Wechsel genauer ausgeführt ist:

http://www.changeforeurope.eu

Alle Informationen zur Position der grünen Bundestagsfraktion zu dem Thema gibt es hier:

http://www.gruene-bundestag.de/cms/euro/rubrik/18/18478.euro.html

1.2       Finanztransaktionssteuer

Die versprochene Regulierung der Finanzmärkte „kein Land, kein Produkt, keine Institution“ steht immer noch aus. Eine wichtige, wenn auch nicht die einzige oder alles lösende, Forderung ist die nach einer Finanztransaktionssteuer. Auch in dieser Frage geht der Riss quer durch die Regierungskoalition. Während ein relevanter Teil der Union, u.a. der Finanzminister, mittlerweile davon überzeugt ist und sich für eine Einführung in der Eurozone einsetzt, ist ein Teil der CDU/CSU und insbesondere die FDP, die das auch klar sagt, strikt dagegen. Wir fordern die Einführung der FTS nach wie vor mit Nachdruck und ich habe deswegen – wie ein großer Teil der Grünen Bundestagsfraktion – einen internationalen Parlamentarieraufruf für ihre Einführung unterschrieben

Internationaler Parlamentarieraufruf:

http://www.steuer-gegen-armut.org/mitmachen/parlamentarieraufruf.html

2           Soziales

2.1       Altersarmut

Allen Prognosen zufolge wird sich die materielle Lager älterer Menschen zukünftig noch erheblich verschlechtern. Schon in den vergangenen Jahren stiegen die Ausgaben für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung drastisch an. Wer im Alter arm ist, wird es oft ein Leben lang sein, denn  im Alter ist diese Situation aus eigener Kraft kaum noch zu ändern. Viele Einschränkungen folgen: Wohnen, Ernährung, Kleidung, Gesundheit, Mobilität werden Mangelware. Die unterschiedlichen Dimensionen der Altersarmut erschweren gesellschaftliche Teilhabe und erhöhen die Gefahr sozialer Isolation und Ausgrenzung – um so wichtiger sie in Gänze in den Blick zu nehmen.

Mit Hilfe zahlreicher ExpertInnen haben wir am 16. Mai 2011 im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs versucht, erste Lösungsansätze zur Prävention und zur Bekämpfung von Altersarmut zu erarbeiten. Dabei ist deutlich geworden, dass eine Palette von Maßnahmen erforderlich sein wird um den jeweiligen Ursachen gerecht zu werden.

Vollständiger Bericht über das Fachgespräch:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/rente/dok/381/381187.gesichter_handlungsansaetze.html

Im Koalitionsvertrag wurde eine Einsetzung einer Kommission beschlossen, die Vorschläge zur Vermeidung von Altersarmut diskutieren sollte. Die Arbeit der Kommission sollte eigentlich im April 2011 ihre Arbeit aufnehmen und bis September 2012 einen Abschlussbericht vorlegen. Die Bundesregierung konnte sich allerdings weder über die Zusammensetzung noch den genauen Arbeitsauftrag einigen. Nun hat die Bundesregierung angekündigt, auf die für dieses Frühjahr angekündigte Kommission zur Altersarmut verzichten und stattdessen „nach der Sommerpause den Regierungsdialog Rente starten“ zu wollen. Ziel seien „Anpassungen im System der Altersvorsorge, die bereits Anfang 2012 ins Gesetzgebungsverfahren gehen sollen“. Wir sehen das kritisch. An die Stelle einer fundierten Arbeit in einer Kommission mit einem Abschlussbericht tritt nun ein „Regierungsdialog“, von dem bisher nicht klar ist wie er aussehen soll, und wer worüber einen Dialog führen soll.

Pressemitteilung:
http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/12/pm-altersarmutskommission-%E2%80%93-schwarz-gelb-ist-sich-nicht-grun/

Kleine Anfrage Einsetzung einer Regierungskommission für Konzepte gegen Altersarmut:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/037/1703796.pdf

 

Bisher gibt es keine Positionierung der Bundesregierung zur Bekämpfung von Altersarmut, bis zuletzt konnte sich die Bundesregierung nicht auf die konkreten Fragestellungen der Kommission einigen. Es wird Zeit, dass sich die Bundesregierung zu einigen grundlegenden Fragen positioniert. Soll es eine Lösung innerhalb der Rentenversicherung oder soll es (nur) eine Verbesserung der Grundsicherung geben? Welche Vorschläge kommen für die Bundesregierung in die engere Wahl, welche nicht? Spätestens bei der Antwort auf unsere Große Anfrage, die Ende Juni im Kabinett beraten werden soll, muss die Bundesregierung Stellung zum Problem der Altersarmut in Deutschland und zu Vorschlag ihrer Vermeidung beziehen. Wir sind gespannt.

Große Anfrage Altersarmut:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/031/1703139.pdf

2.2       Gleiches Rentenrecht in Ost und West

Für viel Diskussionsstoff sorgte in den vergangenen Wochen unser grünes Konzept zur Rentenangleichung. Unser Anliegen ist eine gleiche Berechnung der Renten in Ost und West und ein besserer Schutz vor Altersarmut. Momentan liegt der Rentenwert Ost mit 24,13 Euro mehr als 10% unter dem Rentenwert West, der 27,20 Euro beträgt. 21 Jahre nach der Einheit finde ich es unhaltbar, dass Ost- und Westdeutschland bei der Rentenberechnung wie zwei Staaten behandelt werden. Unsere zentrale Forderung ist daher die Anhebung des Rentenwerts Ost auf den Rentenwert West. Ich finde es wichtig, dass alle bisherigen Rentenansprüche unverändert bleiben und die Umsetzung der Angleichung nicht neue Ungerechtigkeiten schafft. Eine Anhebung aller Ostrenten durch eine zusätzliche Beibehaltung der bisherigen Höherwertung, wie es die Partei die Linke anstrebt, halte ich für falsch. Diese Regelung könnten dann Menschen aus dem Westen, die gleich viel in die Rentenkasse einzahlen, aber weniger Rentenansprüche dafür erhalten, nicht mehr nachvollziehen. Die Beibehaltung würde zudem mehrere Milliarden Euro kosten. Geld, das unseres Erachtens in einen verbesserten Schutz vor Altersarmut und die Anhebung geringer Rentenansprüche investiert werden sollte. Ab der nächsten Rentenanpassung, also am 01.07.2011, macht diese Hochwertung für eine Durchschnittsverdienerin im Osten einen Vorteil in Höhe von 0,38 Euro aus. Achtunddreißig Cent vs. einheitliches Rentenrecht – ich finde dieser Betrag rechtfertigt die unterschiedliche Berechnung nicht. Wir wollen die Anhebung des Rentenwertes Ost auf den Rentenwerts West so schnell wie möglich. Bereits zum 01. Juli 2012 wäre die Umstellung technisch möglich. Unser Fahrplan kann zügig umgesetzt werden, verursacht keine zusätzlichen Kosten und vermeidet die Schaffung neuer Ungerechtigkeit.

Antrag Gleiches Rentenrecht in Ost und West:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/052/1705207.pdf

Kleine Anfrage Schaffung eines einheitlichen Rentenrechts in Ost und West:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/059/1705982.pdf

und die Antwort der Bundesregierung darauf:

http://archiv.strengmann-kuhn.de/wp-content/uploads/KA-5982-Antwort.pdf

Reden zum Thema Rentenangleichungen:
http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/30/rede-zum-gleichen-rentenrecht-in-ost-und-west-vom-26-5-2011/

http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/03/20/rede-zur-angleichung-der-renten-in-ost-und-westdeutschland-am-17-3-2011/

Presseartikel und Interviews zum Thema Rentenangleichung:
http://www.das-parlament.de/2011/22-23/Innenpolitik/34587473.html

http://www.neues-deutschland.de/artikel/197064.streitfrage-sollte-das-rentenrecht-in-ost-und-west-angeglichen-werden.html

http://www.superillu.de/aktuell/Wolfgang_Strengmann-Kuhn_2014268.html

http://www.tagesspiegel.de/politik/keine-sonderregel-fuer-den-osten-gruene-wollen-einheitliches-rentenrecht/4285084.html

Offener Brief des Präsidenten der Volkssolidarität, Dr. Gunnar Winkler:

http://www.volkssolidaritaet.de/cms/vs_media/-p-30331.pdf?rewrite_engine=id

und meine Antwort darauf:

http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/30/die-wichtigste-forderung-der-grunen-ist-die-anhebung-des-rentenwertes-ost-auf-den-rentenwert-west-eine-replik-auf-dr-gunnar-winkler

Pressemitteilungen zum Thema Rentenangleichung:
http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/26/pm-kneifen-gilt-nicht-%E2%80%93-regierung-muss-verantwortung-bei-der-rentenangleichung-ubernehmen/

http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/30/pm-rentenangleichung-%E2%80%93-bundesregierung-spielt-auf-zeit/#more-3077

2.3       Rente mit 67

Der Sachverständigenrat für Wirtschaft, die so genannten fünf Wirtschaftsweisen, forderten kürzlich eine Anhebung der Regelaltersgrenze auf 69 Jahre bis 2060. Ihre Forderung begründeten sie damit, dass angesichts der weiter steigenden Lebenserwartung ab 2030 die durchschnittliche Rentenbezugsdauer wieder steigen werde. Dies wiederum würde sich negativ auf die Rentenversicherung und die öffentlichen Haushalte auswirken. Wir sind zwar grundsätzlich dafür die Regelaltersgrenze bis 2030 anzuheben, darüber hinaus gehende Forderungen sind völliger Unsinn, solange die Auswirkungen der schrittweisen Anhebung auf 67 nicht klar sind. Außerdem sind Prognosen bis 2060 ohnehin nicht mehr als Kaffeesatzleserei.

Unsere Konzentration sollte jetzt darauf gerichtet sein, die Rahmenbedingungen für  längeres Arbeiten zu schaffen. Schon unter den heutigen Arbeitsbedingungen ist es für viele Menschen kaum vorstellbar, bis zum 65. Lebensjahr zu arbeiten, geschweige denn bis zum 67. Lebensjahr. Die Rente mit 67 ist nur vertretbar, wenn sie flankiert wird durch Verbesserungen beim Arbeitsschutz, bei der betrieblichen Gesundheitsförderung und durch arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Regelungen. Damit wollen wir längere Beschäftigungen ermöglichen, eine Rentenkürzung durch die Hintertür verhindern, fließende Übergänge in den Ruhestand schaffen und Armut im Alter verhindern. Trotzdem sind wir grundsätzlich dafür, denn im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung führt die Rente mit 67 zu einer allgemeinen Rentenerhöhung. Es sind aber ausgerechnet die Schwächsten, die Nachteile durch die Rente mit 67 erleiden müssen. Das gilt es zu verhindern.

Rede zur Rente mit 67:
http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/30/rede-zur-rente-ab-67-vom-26-5-2011/

Bericht zur Debatte um die Rente mit 67:
http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/05/26/bericht-zur-debatte-zur-rente-mit-67-im-bundestag/

Antrag Voraussetzungen für die Rente mit 67 schaffen:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/040/1704046.pdf

2.4       Benachteiligung bei der Rentenberechnung von DDR-Flüchtlingen

Ausgerechnet DDR-Flüchtlinge wurden durch die deutsche Einheit bei der Berechnung der Rente benachteiligt, weil sie nicht mehr nach dem Fremdrentengesetz, sondern nach dem Rentenüberleitungsgesetz behandelt wurden. Vor 1989 bereits zugesagte Rentenansprüche wurden dadurch gesenkt. Diese Benachteiligung muss endlich beendet werden. Die Grünen und die SPD haben dazu zwei gleichlautende Anträge in den Bundestag eingebracht, um der Forderung mehr Nachdruck zu verleihen. Die Bundesjustizministerien hat einen Handlungsbedarf eingeräumt, im Bundeministerium für Arbeit und Soziales wird noch gebremst. Aus Teilen der CDU haben wir aber auch positive Signale erhalten.

Antrag DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor Rentenminderungen schützen:

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/061/1706108.pdf

Pressemitteilung Rentenansprüche für DDR-Flüchtlinge: Handeln statt streiten:

http://archiv.strengmann-kuhn.de/2011/06/16/pm-rentenanspruche-fur-ddr-fluchtlinge-handeln-statt-streiten/?preview=true&preview_id=3123&preview_nonce=9ae13eb628

2.5       Soziale Sicherung weltweit

Bei einem öffentlichen Fachgespräch am 23. Mai 2011 diskutierten wir mit Expertinnen und Experten über soziale Sicherung als weltweites Instrument zur Armutsbekämpfung und als Voraussetzung für wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Eingeladen waren u.a. Dr. Matthias Rompel (GIZ), Dr. Markus Loewe (DIE), Prof. Hans Jürgen Rösner (Uni Köln) und Michael Cichon (ILO). Dr. Claudia Haarmann  berichtete von den Ergebnissen des Grundeinkommen-Pilotprojekts in Otjivero, dass von der UN-Kommission für soziale Entwicklung als Best-Practice-Beispiel ausgezeichnet wurde. Das Fachgespräch hat gezeigt wie gewinnbringend die internationale sozialpolitische Zusammenarbeit für alle Beteiligten ist. Es wurde deutlich, dass wir mit unserer über 100-jährigen Sozialstaatsgeschichte eine Verantwortung haben unser Wissen weltweit zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wurde klar, dass uns der Blick über den Tellerrand viele Anregungen geben kann, um auch unsere Sozialsysteme zukunftsfest zu machen.

Vollständiger Bericht über das Fachgespräch:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/entwicklungszusammenarbeit/dok/383/383718.soziale_sicherung_weltweit.html

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage Förderung von sozialen Sicherungssystemen in Entwicklungsländern:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/015/1701518.pdf

2.6       Sanktionen im SGB II und mehr Rechte für Arbeitslose

Die Grüne Bundestagsfraktion hat einen Antrag gestellt, in dem wir mehr Rechte für Arbeitslose, ein Sanktionsmoratorium sowie fordern, dass es keine Sanktionen unter das Existenzminimum geben darf, das zur Teilhabe an der Gesellschaft notwendig ist. Die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der Fraktion Die Linke für eine Abschaffung der Sanktionen waren am 06. Juni 2011 Gegenstand der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Alle Sachverständigen waren sich einig: eine Kürzung der Regelleistung bis hin zur kompletten Streichung entbehrt der wissenschaftlichen Begründung, ist zu hart und hält dem Grundrecht auf Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums nicht stand. Darüber hinaus sahen fast alle ExpertInnen an unterschiedlichen Stellen Revisions- und Handlungsbedarf: so z.B. bei der Qualifizierung der ARGE-MitarbeiterInnen und der harten Sanktionen für junge Arbeitslose unter 25. Die grüne Forderung der Einrichtung von Ombudsstellen wurde vielfach begrüßt als Beitrag zur Stärkung der Arbeitssuchenden und Entlastung der Sozialgericht. Der als Einzelsachverständige geladene Prof. Dr. Stephan Lessenich von der Uni Jena plädierte für eine Umkehrung der derzeitigen Praxis: statt mit Sanktionen und Leistungsentzug zu drohen und die Beziehenden von Transferleistungen als Erziehungsbedürftige zu behandeln, sollten die Rechte und Berechtigungen der Erwerbslosen als Bürgerinnen und Bürger ebenso in  den Mittelpunkt gerückt werden wie das Recht der Betroffenen auf Freiheit von Not und Angst.

Antrag Bündnis 90/Die Grünen Rechte der Arbeitssuchenden stärken – Sanktionen aussetzen:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/032/1703207.pdf

Kurzzusammenfassung der Öffentlichen Anhörung:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/34441846_kw23_pa_arbeit_soziales/index.html

Video zum Statement von Stephan Lessenich:
http://www.youtube.com/watch?v=382_uz043ms

Bündnis für ein Sanktionsmoratorium:
http://www.sanktionsmoratorium.de/

2.7       Kindergrundsicherung

In Deutschland wird viel Geld für Kinderförderung ausgegeben, jedoch kommt bei armen Kindern nicht ausreichend Geld an. Auch das neue Bildungspaket ändert daran nichts. Wir schlagen deshalb eine bedingungslose Kindergrundsicherung für alle Kinder vor. Am 11. Mai 2011 hatte sich auch der Petitionsausschuss des Bundestages mit dieser Forderung auseinanderzusetzen und über eine Petition zu befinden, die die Einführung einer Kindergrundsicherung in Höhe von jeweils 500 Euro forderte. Wir hatten empfohlen, die Petition als Material an das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, konnten uns aber mit diesem Votum gegenüber dem Wunsch der Regierungsfraktionen nach Abschluss leider nicht durchsetzen.

Mehr zur grünen Kindergrundsicherung:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/familie/dok/289/289617.kinderleicht_und_fair.html

Bündnis Kindergrundsicherung:
http://www.kinderarmut-hat-folgen.de/

2.8       Zukunftsforum „Antworten auf die auseinanderfallende Gesellschaft“ und Grüner Zukunftskongress

Zur Vorbereitung des Grünen Zukunftskongresses haben die Grünen mehrere Zukunftsforen eingerichtet. Ich bin Mitglied des Zukunftsforum „Antworten auf die auseinanderfallende Gesellschaft“, in dem es u.a. um Verteilung, Integration, Inklusion und um die Frage ging, was die Grüne Idee von sozialer Gerechtigkeit ist. Wir haben dazu einen über 154 Seiten langen Text Abschlussbericht verfasst, der voraussichtlich bereits auf dem Zukunftskongress erhältlich ist. Für den Zukunftskongress wird es zu diesem Themenbereich zwei Workshops geben: „Was heißt grüne Verteilungsgerechtigkeit? Individuen, Institutionen und der erweiterte Gerechtigkeitsbegriff“ und „Wie lösen wir die sozialen Blockaden? Aufstieg ermöglichen, Inklusion stärken“. Das Zukunftsforum soll auch nach dem Zukunftskongress weiter bestehen bleiben und u.a die Diskussion auf dem Kongress auswerten. Ich bin gespannt auf die Diskussionen.

Homepage des Grünen Zukunftskongresses:
http://antriebzukunft.de/

Thesenpapier Was heißt Grüne Verteilungsgerechtigkeit:
http://antriebzukunft.de/thesenpapiere/was-heist-verteilungsgerechtigkeit/

Thesenpapier Wie lösen wir die sozialen Blockaden:
http://antriebzukunft.de/thesenpapiere/wie-losen-wir-die-sozialen-blockaden/

Abschlussbericht des Zukunftsforums (154 Seiten, pdf):

http://antriebzukunft.de/wp-content/uploads/2011/06/Zukunftsforum_Auseinanderfallende_Gesellschaft_Abschlussbericht.pdf

3           Termine

25. Juni 2011, Berlin
Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen

2. Juli 2011, Berlin, Kosmos, Karl-Marx-Allee 131a
Grüner Zukunftskongress

6. August 2011, Flörsheim, Bootshaus
Sommertreffen des Kreisverbands Main-Taunus

15. -19. August 2011, Hofheim, Kreishaus
Wanderausstellung des Deutschen Bundestags

Eröffnungsveranstaltung: 15. August 2011, 15:00 Uhr

20. August 2011, Flörsheim
Fest: 30 Jahre GALF

21. August 2011, Hofheim, Oskar-Meyrer-Str. 32a
Neumitglieder-Treffen des Kreisverbands Main-Taunus (mit Kordula Schulz-Asche)

15. September 2011, Frankfurt, Stalburg
WSK-Stammtisch „Gründonnerstag“

nächstes Jahr: 14.-16. September 2012, Ottobrunn bei München

Grundeinkommens-Weltkongress des Basic Income Earth Networks (B.I.E.N.)