Streitthema Ghetto-Renten
Wir halten das Thema Ghetto-Renten von der Bundesregierung für nicht angemessen bearbeitet: die öffentliche Anhörung im Dezember hat klar gezeigt, dass eine Lösung des Problems technisch durchaus möglich ist. Wir fragen uns, warum trotz ausreichendem parlamentarischen Vorlauf nichts passiert.
Der israelische Gesandte in Berlin, Emmanuel Nahshon hat zu Recht zur Eile gemahnt, da mit jedem Tag, der vergeht, weitere Holocaust-Überlebende sterben. Der Gesetzgeber wollte mit dem ZRBG Überlebenden für ihre Arbeit in den von den Nationalsozialsten eingerichteten Ghettos Rentenansprüche sichern. Das Gesetz sieht vor, dass bei einem bis zum 30. Juni 2003 gestellten Rentenantrag Rentennachzahlungen ab Juli 1997 möglich sind. Dem historischen Willen des Gesetzgebers sollte jetzt entsprochen werden.
- Frankfurter Rundschau von 27.2.2013: Jahrelang blockierten die deutschen Rentenversicherungsträger die Auszahlung von Renten an ehemalige Ghetto-Arbeiter. SPD, Grüne und Linkspartei wollen, dass die letzten Überlebenden rasch eine Nachzahlung erhalten. Doch die Regierung verschleppt die Entscheidung.
„Die Regierung erweist sich als unfähig“, sagte der Grünen-Abgeordnete Strengmann-Kuhn im Interview. „Es gibt zwei Wege, den Ghetto-Arbeitern das Geld auszuzahlen, aber irgendwann muss man eine Entscheidung fällen. Vor allem bin ich darüber empört, dass noch immer darüber nachgedacht wird, überhaupt nichts zu machen.“
mehr - Spiegel online vom 27.2.2013: Die Renten stehen ihnen gesetzlich zu – doch sie werden rund 20.000 ehemaligen jüdischen Ghettoarbeitern der NS-Zeit nicht ausgezahlt. Am Mittwoch muss die Regierung im Bundestag Auskunft geben, warum diese Verpflichtung immer noch nicht umgesetzt ist.
Der Grünen-Abgeordnete Strengmann-Kuhn wird nun ungeduldig. „Die Bundesregierung muss endlich handeln und ihr zynisches Spiel auf Zeit aufgeben.“
mehr - Weitere Artikel:
Jüdische Allgemeine
Ihre Vorsorge - Befragung der Bundesregierung im Rahmen der 224. Bundestagssitzung vom 27.02.2013:
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Auch wenn Sie es jetzt schon ein paarmal wiederholt haben, Herr Staatssekretär: Es ist schlicht falsch; es ist rentenmathematisch nicht neutral. Die Mathematik lässt sich da nicht austricksen, auch wenn Sie das vielleicht gern so sehen möchten. Diese Berechnungsweise ist rentenmathematisch neutral für die Menschen, die 1997 65 Jahre alt waren, also für die, die 1932 geboren worden sind. Die meisten, die in einem Getto gearbeitet haben, sind früher geboren, das heißt, sie haben eine kürzere Restlebenserwartung. Für diese Gruppe ist das Ganze rentenmathematisch also nicht neutral. Sie bekommen, über die gesamte Laufzeit betrachtet, im Durchschnitt weniger Geld. Sie können das nachrechnen. Gegebenenfalls kann ich Ihnen das noch einmal erklären. Es hat in der Tat etwas mit der Lebenserwartung zu tun. Jemand, der 65 ist, hat eine andere Restlebenserwartung als jemand, der schon 70 oder 80 ist. Daraus ergeben sich die Unterschiede. Das haben alle Experten in der Sitzung gesagt. Auch der von Ihnen heute im Ausschuss genannte Sachverständige Plagemann hat nicht bestritten, dass dem so ist, sondern er hat Skepsis hinsichtlich der beiden Wege geäußert. Es gab eigentlich niemanden, der bestritten hat, dass es Handlungsbedarf gibt. Sehe ich es richtig, dass Sie nach Ihrer Logik da keinen Handlungsbedarf sehen, oder wie ist Ihre Einschätzung dazu?
Das Planarprotokoll als [PDF] - Pressemitteilung: Bundesregierung muss schnell handeln
- Antrag: Rentenzahlungen für Beschäftigungen in einem Ghetto rückwirkend ab 1997 ermöglichen
- Rede vor dem Bundestag: Ghetto-Renten
- Bericht der Bundesregierung zur Auswertung der Anhörung vom 10. Dezember 2012 zu den Anträgen zum Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG)